Vatikan: „Wir bräuchten einen Aufstand der Hoffnung“
Wie kommt die Kirche,
wie kommen vor allem die Priester aus der gegenwärtigen Krise wieder heraus? Mit dieser
Frage haben sich der Papst und die Spitze der römischen Kurie an diesem Freitag beschäftigt
– bei der Fastenpredigt von Raniero Cantalamessa. Der Kapuzinerpater ging in seinen
Überlegungen von der Treue aus, die ein Priester Christus verspricht.
„Dieser
Treue entgegen steht der Verrat am Vertrauen der Kirche und Christi: Das Doppelleben
oder der Bruch des Zölibats- und des Keuschheitsversprechens. Wir wissen aus schmerzlicher
Erfahrung, welcher Schaden der Kirche und den Gläubigen durch diese Art Untreue entstehen
kann. Das ist vielleicht die härteste Prüfung, die die Kirche in diesem Moment durchmacht...
Allerdings glaube ich, dass die Lauheit vieler Kleriker, ihr Mangel an Einsatz, die
Kirche noch stärker schwächt als die stellenweisen Skandale einiger Priester, auch
wenn man von denen häufiger spricht... Natürlich darf man nicht generalisieren, die
Kirche hat auch heute viele heilige Priester, und das Niveau des Klerus ist heute
viel höher als in früheren Epochen der Kirchengeschichte. Aber ein engagierter Laie
hat mir mal gesagt: Die Bevölkerung Italiens ist in den letzten zwanzig Jahren um
drei Millionen gewachsen, aber die Zahl der Katholiken ist gleichgeblieben – etwas
stimmt nicht in unserer Kirche!“
Er habe kurz nach dem 11. September 2001
einmal in den USA gepredigt, erzählte Cantalamessa. Die dortige Kirche war damals
von Missbrauchsskandalen schwer erschüttert; ihm sei es damals so vorgekommen, als
liege die US-Kirche genauso in Trümmern wie das von Terroristen zerstörte „World Trade
Center“.
„Wir bräuchten jetzt einen Aufstand der Hoffnung... Christus leidet
noch mehr als wir unter der Demütigung seiner Priester und dem Niedergang der Kirche.
Er lässt das nur zu, weil er weiß, dass das letztlich zu einer größeren Reinheit der
Kirche führen kann. Wenn sie Demut aufbringt, wird die Kirche aus diesem Krieg strahlender
hervorgehen als zuvor; dass sich die Medien in bestimmte Themen verbeißen, hat – wie
wir auch außerhalb des kirchlichen Raums sehen – auf längere Sicht den gegenteiligen
Effekt als den, den sie bewirken wollen.“