2010-03-18 11:00:58

Vatikan: Priesterkollegsleiter findet Debatte hysterisch - „Zölibat schenkt Freiheit!“


RealAudioMP3 Ein Platz, um sich selbst zu finden. Als solchen beschreiben viele der Freisemester, die während ihres Studienjahres in Rom im Priesterkolleg im Campo Santo Teutonico leben, diesen Ort. Seit diesem Sonntag ist das Kolleg als Päpstliches Institut anerkannt und steht somit unter dem besonderen Schutz des Vatikans. Der Leiter des Priesterkollegs, Erwin Gatz, feierte zeitgleich am Sonntag sein 35-jähriges Jubiläum als Rektor der Einrichtung. Im Gespräch mit der ARD erläutert Gatz, wie er die aktuelle Diskussion, die in Deutschland um den Zölibat entbrannt ist, sieht:

„Natürlich verfolgen wir die Diskussion in Deutschland. Zum Teil ist sie ja ein bisschen hysterisch. Das Beunruhigendste an der ganzen Sache ist nicht, das hie und da mal ein Priester einen Fehltritt macht, was, gemessen an anderen Bevölkerungsgruppen, ja relativ selten vorkommt, sondern, dass die Masse der katholischen Bevölkerung nicht mehr für den Pflichtzölibat ist. Sie ist zwar für den Zölibat, aber als Wahlmöglichkeit. Und das beunruhigt uns am meisten. Denn die Atmosphäre, aus der die künftigen Priester heraus kommen, ist nicht mehr so gegeben wie früher. Als ich mich vor über 60 Jahren langsam dem Gedanken annäherte, Priester zu werden, hat die große Mehrheit dem Pflichtzölibat noch zugestimmt. Und das ist heute nicht mehr der Fall.“

 
Gatz betrachtet den Zölibat als Möglichkeit zu „großer Freiheit“, was sich auch für die meisten der ihm im Priesterkolleg überantworteten Studierenden und Priester bewährt habe. Der Zölibat stelle im Kolleg kein Problemfeld dar:

„Bei uns spielt das Thema im Grunde keine Rolle. Die Leute, die hierherkommen, haben sich ja entschieden. Die wollen das auch leben. Von den Studierenden, die ich in meiner Zeit hier erlebt habe, sind übrigens achtzig Prozent tatsächlich Priester geworden. Unter diesen achtzig Prozent, insgesamt 99 Personen, sind nur vier, die ihren Priesterberuf später wieder aufgaben, weil sie heiraten wollten. Und das ist ja keine riesige Zahl. So kann man sagen, dass der Zölibat hier kein Thema ist. Die Leute haben sich entschieden.“

Der Campo Santo Teutonico ist seit mehr als tausend Jahren ein „deutscher Friedhof“ im Vatikan. Neben dem Priesterkolleg beherbergt er das vollständig von Mauern umschlossene Gräberfeld, die Kirche Santa Maria della Pietà und Räume des römischen Instituts der Görres-Gesellschaft.

(ard/rv 18.03.2010 vp)








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