Der heilige Leonhard ist zurück im Kärntner Levanttal
Nun schwebt er wieder auf seiner Wolke im Kärntner Levanttal und macht dem Wahrzeichen
von Bad St. Leonhard alle Ehre: der heilige Leonhard. Ein Gemälde mit dem Schutzpatron
der Gefangenen und der Tiere wurde im Jahr 1986 aus der Kirche des Wallfahrtsortes
gestohlen. Der Kunstraub wurde gut zwei Jahrzehnte später aufgedeckt und Teile des
Gedenkbildes gefunden – im italienischen Ancona. An diesem Dienstag wurden die Fragmente
feierlich dem österreichischen Botschafter am Heiligen Stuhl übergeben.
„Das
alles grenzt, wie im Bild festgehalten, an ein Wunder, dass man so etwas nach so langer
Zeit wieder finden kann...“
…meint Eduard Mahlknecht, Diözesankonservator
der Diözese Gurg-Klagenfurt vom bischöflichen Ordinariat Klagenfurt. Der Kunsthistoriker
hatte schon alle Hoffnung aufgegeben, das in der zweiten Hälte des 17. Jahrhundert
gemalte Votivbild wieder nach Kärnten zu holen. Für ihn ist die Geschichte des Gemäldes,
das nach dem Raub in drei Teile gesägt wurde, so wundersam wie das darauf dargestellte
Motiv.
„Es ist das Motiv einer wunderbaren Befreiung aus dem Kerker. Der
Stifter kniet im Vordergrund und hat die eiserne Votivgabe, die er ja dem heiligen
Leonard geopfert hat, in den Händen. Links im Bild ist die Befreiung des Stifters
aus dem Kerker durch den heiligen Leonard festgehalten, und in der Höhe schwebt natürlich
auf Wolken Leonard selbst. Das ist ein übliches Schema eines Motivbildes.“
Der
um 500 im fränkischen Reich geborene Leonhard wurde vom Erzbischof Remigius von Reims
erzogen. Der junge Adelssohn zeigte schon früh Mitleid mit Gefangenen, für die er
bei König Chlodwig I. vorsprach. Der Legende nach sprengte er - deshalb wird er auch
„Kettenheiliger“ genannt - mit seinem Gebet die Fesseln zahlreicher Gefangener. Besonders
verehrt wurde er ab dem 11. Jahrhundert auch als Pferdepatron und als Helfer von Wöchnerinnen,
bei Kopfschmerzen sowie Geistes- und Geschlechtskrankheiten. Die Bischofswürde lehnte
Leonhard ab und zog sich stattdessen als Eremit in die Einsamkeit zurück.
Die
Befreiung des heiligen Leonhard aus den Händern seiner Entführer ist dem Spürsinn
der italienischen Polizei zu verdanken. „In Italien gibt es eine eigene Abteilung
der Kriminalpolizei, die sich ausschließlich mit Kunstdiebstählen beschäftigt und
vorbildlich organisiert ist“, so Diözesankonservator Mahlknecht. Nachdem der Diebstahl
des Gemäldes 1986 international gemeldet wurde, spielte man ein Schwarz-Weiß-Foto
des Originals in die Fahndungskataster ein. Im Jahr 2008 wurden die Gemäldeteile zusammen
mit zahlreichen anderen Kunstschätzen sichergestellt. Dazu Salvatore Strocchia von
den Carabinieri von Ancona:
„Wir haben die beiden Bilder bei einer Großrazzia
im Antiquitätenhandel im Raum Ancona wieder gefunden, die wir im Zeitraum September
2006 bis Juli 2008 durchgeführt haben. Dank der Fotos konnten wir den Zusammenhang
mit dem Kärntener Diebstahl herstellen. Die Beute: 144 Kunstwerke im Wert von etwa
vier Millionen Euro!“
Seinen Räubern hat Leonhard, der „Fürsprecher der
Gefangenen“, letztlich Unglück gebracht: Zwölf Personen wurden in Untersuchungshaft
genommen, über dreißig angezeigt. Die Übergabe der beiden Bildfragmente durch die
Carabinieri von Ancona wurde an diesem Dienstag in Rom gebührend gefeiert. Der Botschafter
Österreichs beim Heiligen Stuhl, Martin Bolldorf, sagte beim gemeinsamen „Brindisi“
zu den Carabinieri:
„Der Fund der Bilder ist der großartigen Zusammenarbeit
zwischen der österreichischen und der italienischen Polizei geschuldet und der Institutionen,
dem Kultur- und Außenministerium. Sie haben sofort die Rückstellung der beiden Werke
in die Wege geleitet. Die Bilder sind nicht von einem unglaublich hohen Marktwert,
aber sie sind so typisch für den Wallfahrtsort Bad St. Leonhard, und sie gehören zur
kulturellen Identität. Deshalb ist es für uns eine große Freude, dass wir diese beide
großartigen Bilder zurückbekommen!“
Leonhard ist wieder ins Kärntner Lavanttal
zurückgekehrt und schwebt nun an der Nordwand unter der Westempore der Kirche von
Bad St. Leonhard – diesmal ist er sicher durch eine Alarmanlage geschützt. Das Gebet
des Kettenheiligen für die Gefangenen war wohl wirklich gründlich, denn: der dritte
Teil des Gedenkbildes – der aus dem Kerker Befreite – fehlt nach wie vor...