2010-03-10 08:52:41

Kasper: „Habe nie von Entschädigungen gesprochen“


RealAudioMP3 Der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper hat im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen in Deutschland nie von Entschädigungen gesprochen. Das präzisiert Kasper in einem Exklusiv-Interview mit Radio Vatikan. Er verteidigt den Vatikan und die deutschen Bischöfe: Die Missbrauchsfälle seien von der Kirche entschieden angegangen worden, sagt der Kardinal. Die Fälle würden nicht allein die katholische Kirche betreffen. Kardinal Kasper will deshalb ein kürzlich wiedergegebenes Interview richtigstellen.

Herr Kardinal, in den vergangenen Tagen sorgte in Deutschland die Debatte zum Thema „Missbrauch“ für Schlagzeilen. Die katholische Kirche war natürlich sehr davon betroffen. Ihre Einschätzungen dazu?

„Es ist ein trauriges Thema und erfüllt uns mit Scham, dass solche Dinge in katholischen Einrichtungen vorgekommen sind und dass Kinder missbraucht wurden. Dass dies verwerflich ist, darüber kann überhaupt keine Frage bestehen. Dass dies auch aufgeklärt werden muss, ist völlig klar. Ich habe den Eindruck, die Deutschen Bischöfe tun in dieser Situation das, was möglich ist. Sie verhalten sich sehr klug. Ich habe dazu kürzlich Stellung genommen und zwar in einer italienischen Zeitung [„La Repubblica“, Anmerkung der Redaktion]. Die Wiedergabe war allerdings sehr frei. Vor allem habe ich kein Wort gesagt zu möglichen oder erforderlichen Entschädigungen. Das ist eine juristische Frage, die völlig außerhalb meines Gesichtskreises und meiner Zuständigkeit ist. Dazu habe ich kein Wort gesagt.“

Sie kennen die katholische Kirche in Deutschland sehr gut. Sie wissen auch, dass in der Vergangenheit bereits Anti-Missbrauchsmaßnahmen ergriffen wurden. Was halten Sie von den bisherigen Richtlinien?

„Die katholische Kirche in Deutschland ist die einzige Institution, die dazu Richtlinien erlassen hat. Diese kann man jetzt aufgrund der Erfahrungen sicherlich verbessern. Fakt ist aber, dass wir bereits Richtlinien haben. Nun müssten auch alle anderen Institutionen, die davon betroffen sind, solche Maßnahmen ergreifen. Denn Missbrauch ist kein katholisches, sondern ein gesellschaftliches Problem. Jetzt muss man also gemeinsam zusammensitzen und überlegen, was man für die Prävention tun und wie man den Opfern helfen kann.“

Und wie ist es aus Vatikan-Sicht? Der Vatikan ist ja nicht schweigsam oder unternimmt nichts in Sachen Missbrauch. Auf Weltkirchenebene gibt es doch Richtlinien.

„Selbstverständlich hat der Vatikan mehrfach Stellung dazu genommen. Das war so, als die Missbräuche in den Vereinigten Staaten in den Schlagzeilen waren und in Irland die Fälle bekannt wurden. Der Vatikan unterstützt selbstverständlich die Ortsbischöfe. Über die klare Meinung des Papstes zu dieser Frage besteht kein Zweifel. Es ist leider ein völlig falscher Zungenschlag hereingekommen über die deutsche Bundesjustizministerin. Ich habe den Eindruck, sie kennt das Kirchenrecht nicht. Sie kann nicht unterscheiden, was kirchenrechtliche Zuständigkeit und staatliche Kompetenzen sind. Das sind unterschiedliche Rechtskreise und Vorgänge. Selbstverständlich ist es so, dass dort, wo es notwendig ist, eine Zusammenarbeit mit den Staatsanwaltschaften gefördert wird. Schweigemauern werden nicht von der Kirche aufgebaut. Ich habe gewisse Erfahrungen als Bischof gesammelt. Ich hatte damals meinen Personalreferenten zu den Eltern geschickt, wo Vorwürfe da waren. Die Eltern schwiegen, obwohl wir sie gedrängt hatten, dass sie reden sollten. Diese Vorwürfe gegen die katholische Kirche, dass wir nicht zusammenarbeiten würden und Schweigemauern aufbauen, sind völlig absurd und außerhalb der Welt.“

Themenwechsel: An diesem Sonntag wird Papst Benedikt XVI. die lutherische Gemeinde in Rom besuchen. Sie sind im Vatikan für die Ökumene – und auch für den Dialog mit dem Luthertum – zuständig. Ihre Einschätzung zu diesem Besuch, der ja auch für Deutschland sicherlich wichtig ist?

„Ich freue mich über diesen Besuch. Die Visite ist ein Ausdruck der gewachsenen Zusammenarbeit und Nähe zwischen uns und den lutherischen Christen in Deutschland und der lutherischen Gemeinde hier in Rom. Es ist eine gute und freundschaftliche Beziehung, die der Papst zum Ausdruck geben möchte. Er leistet zugleich einen Beitrag zur weiteren Verbesserung des Verhältnisses zu den lutherischen Christen, die in Deutschland sind. Der Dialog mit den Lutheranern war ja einer der ersten nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Dieser Dialog hat wesentliche Fortschritte gemacht. Man denke hierbei an die Rechtfertigungslehre. So hoffen wir, dass das eine Zukunftsperspektive eröffnet. Ich freue mich, am Sonntag dabei sein zu können.“

(rv 10.03.2010 mg)







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