Nach dem Massaker
an mehr als 500 christlichen Dorfbewohnern bleibt die Lage rund um die Stadt Jos in
Mittelnigeria gespannt; Militärs patrouillieren demonstrativ durch die Straßen. Für
die blutigen Ausschreitungen sollen islamische Nomaden verantwortlich sein; Überlebende
gehen von einem Racheakt aus, nachdem im Januar in Jos die Häuser von Muslimen von
christlichen Banden überfallen worden waren. Die Bischöfe von Nigeria und auch der
Vatikan sehen eher wirtschaftlich-soziale als religiöse Gründe hinter der immer wieder
aufbrechenden Gewalt. Erzbischof John Onaiyekan aus der Hauptstadt Abuja wirft der
Regierung Schwäche vor; sie habe offenbar nicht die Fähigkeit, ihrer Pflicht zu entsprechen
und Sicherheit für alle zu garantieren. Da ist etwas dran, sagt Volker Greulich vom
Internationalen Kolpingwerk im Kölner Domradio:
„Die nigerianische Regierung
zeichnet sich ohnehin nicht durch besondere Effizienz aus. Dazu kommt, dass der Staatspräsident
– ein Moslem – schwer krank ist; er war mehrere Monate in Saudi-Arabien zur Behandlung
und ist praktisch ausgefallen. Sein Vizepräsident ist nicht richtig zum Zuge gekommen,
weil er Christ ist und die Menschen im Norden gesagt haben: Eigentlich sind wir jetzt
dran... und deshalb war die ganze nigerianische Innenpolitik sowieso schon weitgehend
gelähmt in den letzten Wochen und Monaten.“
Die Kirche wolle sich weiterhin
für gute Beziehungen zum Islam einsetzen, sagt Erzbischof Onaiyekan. Dabei suche sie
auch den Schulterschluss mit Muslimen, um die Gewalt zu beenden und sich gemeinsam
für eine Lösung der ethnischen und politischen Probleme einzusetzen. Auch der katholische
Erzbischof von Jos bietet seine Vermittlung im Zwist an. Aber Greulich ist da eher
skeptisch: „Der Punkt ist natürlich, dass christliche Amtsträger immer auch als
parteiisch empfunden werden, wenn es um den Konflikt zwischen Christen und Muslimen
geht. Insofern weiß ich nicht, ob die Regierung oder die Vertreter der muslimischen
Seite ihn als neutralen Vermittler akzeptieren können. Wir hier sind daran gewöhnt,
in Bischöfen immer auch moralische Autoritäten zu sehen; dagegen ist es durchaus möglich,
dass die Betroffenen da unten ihn eher als Partei sehen, als Vertreter der Gegenseite.
Insofern ist es die Frage, ob die Kirche da wirklich eine Vermittlerrolle spielen
kann.“