2010-03-08 10:50:30

Missbrauch: Schavan gegen Schnarrenberger


RealAudioMP3 Bildungsministerin Annette Schavan stellt sich auf die Seite der Bischöfe: Sie sei gegen einen Runden Tisch zum Thema Missbrauch, wenn es daran nur um Fälle an kirchlichen Einrichtungen gehe. Das sagte die CDU-Politikerin und engagierte Katholikin am Sonntag in der Fernsehsendung „Berlin direkt“. Schavan widersprach damit ihrer Kabinettskollegin Sabine Leutheuser-Schnarrenberger; die FDP-Justizministerin hatte einen solchen kirchenspezifischen Runden Tisch vorgeschlagen.

„Ein Runder Tisch kann richtig sein; wer daran sitzen wird, das wird sich zeigen. Es wird ganz gewiß nicht nur die katholische Kirche sein. Wir sprechen über ein Thema in pädagogischen Einrichtungen, über den schwersten Vertrauensbruch, den es überhaupt geben kann! Das ist kein Thema der Kirche allein, sondern der pädagogischen Einrichtungen!“ 
Schavan wollte sich nicht auf die Frage einlassen, ob die Kirche im Missbrauchs-Skandal schon genug mit den Staatsanwaltschaften zusammenarbeitet oder nicht:

„Ich finde, die letzten Tage und Wochen haben gezeigt, dass die Kirche in Deutschland sehr entschlossen ist, alles lückenlos aufzuklären und natürlich auch mit dem Staat zusammenzuarbeiten... Ich glaube, mit Blick auf Vertrauen und Glaubwürdigkeit ist jetzt wichtig, alles zu tun, um Vertrauen wiederherzustellen.“

Aus der Sicht der CDU-Ministerin ist die Art und Weise, wie die katholische Kirche mittlerweile mit den Missbrauchs-Skandalen umgeht, geradezu beispielhaft.
„Ich bin fest davon überzeugt, dass die Kirche selbst den Weg wählen wird, der ihrer Glaubwürdigkeit am meisten hilft. Das ist der zentrale Punkt mit Blick auf die Opfer. Natürlich ist die Kirche auch in den letzten Tagen längst die Institution geworden, die weit über kirchliche Kreise hinaus Opfern die Möglichkeit gibt, sich zu melden: Wir haben es nicht mit einem Kirchenthema zu tun, sondern mit einem Thema, das pädagogische Einrichtungen weit über den kirchlichen Raum hinaus betrifft.“ 
Schavan zeigt sich erschrocken über das Ausmass der Skandale an kirchlichen Einrichtungen. Dass auch in der katholischen Kirche keiner ohne Sünde sei, habe sie zwar schon lange gewußt – aber:

„Das Ausmass an Demütigung, Gewalt und Missbrauch von Kindern hätte ich mir nicht vorstellen können.“ 
In der gleichen Sendung bekräftigte Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger allerdings ihre Forderung, der Runde Tisch solle sich ausschließlich mit dem Missbrauch im katholischen Kontext befassen. Es gehe nicht darum, ein allgemeines Gespräch über Missbrauch zu führen, meinte sie. Im Zentrum müsse stehen, die Opfer in den Blick zu nehmen und mit ihnen zu reden.

Auch der Beauftragte für Missbrauchsfälle der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Stefan Ackermann, wandte sich gegen den Ansatz Leutheusser-Schnarrenbergers. Wenn es einen Runden Tisch gebe, dann müssten dazu alle Akteure eingeladen werden, sagte er. Zugleich bekräftigte er, die katholische Kirche reklamiere für sich nicht einen Raum jenseits des staatlichen Rechts. Deshalb sei eine Präzisierung der bischöflichen Leitlinien zum Missbrauch von 2002 zu erwägen. Die Justizministerin betonte ihrerseits die Forderung an die Kirche, die Richtlinien zu überarbeiten. Es müsse klar sein, dass bei Missbrauchsfällen die Staatsanwaltschaft zu informieren sei. Leutheuser-Schnarrenberger gehört zur „Humanistischen Union“, die manche Beobachter für antikirchlich halten.

Derweil gibt es jetzt auch Missbrauchsvorwürfe gegen ein Kinderheim der Berliner Hedwigschwestern. Eine ehemalige Bewohnerin gibt an, dass sie in den 50-er und 60-er Jahren von einer Ordensfrau über Jahre hinweg missbraucht wurde. Die Vorwürfe richten sich gegen eine heute 79 Jahre alte Berlinerin, die 1986 aus dem Orden austrat.

(zdf/kna/faz 08.03.2010 sk)







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