Offen und vorurteilsfrei mit Sexualität in der kirchlichen Jugendarbeit umgehen –
dafür wirbt die Broschüre “Erste Allgemeine Verunsicherung?!”, die von der Katholischen
Jungen Gemeinde (KjG) jetzt veröffentlicht wurde. Die sexualpädagogische Arbeitshilfe
will Gruppenleiterinnen und Gruppenleitern mit Jugendlichen über Liebe und Sexualität
ins Gespräch bringen. Unvoreingenommen und auf Basis des christlichen Menschenbildes
sollen Jugendliche dabei sexuelle Identität entwickeln können. KjG-Bundesleiterin
Alexandra Schmitz erklärt:
"Uns war es wichtig, aus unserem christlichen
Verständnis heraus zu agieren und den jungen Menschen gerecht zu werden. Wir agieren
aus einem christlichen Menschenbild heraus, uns ist es wichtig, einen verantwortungsvollen
Umgang mit Sexualität zu ermöglichen und diesbezüglich auch die Gruppenleitungen zu
befähigen."
Ob “Body Talk” oder “Laute Post”, “Werteversteigerung” oder
“Sex-Quiz” – die originellen Titel der fast hundert Übungen versprechen nicht zu viel.
Keine Rezepte und Regeln werden verabreicht, sondern appetitliche Häppchen zum Thema,
in jugendgerechter Sprache formuliert. In den Gruppenarbeiten können die Jugendlichen
den eigenen Fragen rund um die Sexualität spielerisch auf den Grund gehen. Schmitz:
"Es
geht auch um das Thema Werte und Normen: Was ist uns eigentlich wichtig, wie ist das
entstanden etc.; es geht um Erziehung; es gibt auch ein Modul zur Prävention sexualisierter
Gewalt. Egal, welches Thema aufgegriffen wird, es gibt immer ein Paar Methoden zum
Aufwärmen, dass man miteinander ins Gespräch kommt, dass Hemmungen abgebaut werden
und es gibt auch immer in jeder Sitzung Methoden der Reflexion."
Offenheit
und Transparenz sind die Basis einer gelingenen Sexualerziehung, unterstreicht Schmitz.
Auch im Hinblick auf die zuletzt bekannt gewordenen Missbrauchsfälle in kirchlichen
Einrichtungen. So gibt es in der Broschüre einen Schwerpunkt zum Thema “Prävention
von sexualisierter Gewalt”, der die besondere Verantwortung von Jugendgruppenleitern
in den Blick nimmt. Schmitz:
"Das ist in der Jugendverbandsarbeit insgesamt
kein neues Thema, da sind sie schon sensibel, zum Beispiel sind in Bayern der bayrische
Jugendring als auch der BDKJ schon seit Jahren sehr aktiv mit einem Projekt zur Prävention
sexualisierter Gewalt. Da läuft schon sehr viel, das ist ein sehr wichtiger Punkt,
unserer Kinder und Jugendlichen auch zu schützen."
Schutz heißt vor allem
auch Aufklärung über dieses teilweise widersprüchliche Thema: Sich nah sein und doch
fremd fühlen, alles wissen und sich selbst nicht kennen, hohle Floskeln statt Gefühle
ausdrücken – auf dem großen Feld der Sexualität warten große und kleine Fettnäpfchen
und Falllöcher. Verwirrung gibt es nicht nur bei Jugendlichen, sondern auch bei Erwachsenen,
meint Schmitz.
"Meiner Meinung nach ist ein großes Problem, dass es eine
große Unsicherheit gibt und häufig auch eine große Sprachlosigkeit. Den häufig noch
jungen Gruppenleitern ist oft nicht ganz klar, mit welcher Sprache sie auch sprechen
sollen und das ist ein wichtiger Punkt: Dass immer zu Beginn vereinbart wird, welche
Sprache man verwenden will, mit welchen Worten man über Sexualität reden will und
welche nicht akzeptiert werden."
Dass die Sprachfähigkeit beim Thema entscheidend
ist, meint auch Max Pilger. Der 19-jährige hat während seines freiwilligen sozialen
Jahres in der Diözesanstelle Köln-Deutz erstmals einen Kurs zur Sexualpädagogik besucht.
"Ich war ganz überrascht, wie tiefgehend das doch ist und habe festgestellt,
dass es für mich relativ wichtig ist, mich darüber auszutauschen und auch zu lernen,
über Sexualität zu sprechen. Ich glaube nämlich, dass das heutzutage gar nicht so
einfach ist, obwohl wir ja aufgeklärt sind in der Gesellschaft. Das Sprechen über
Sexualität ist aus meiner Erfahrung klischeebehaftet. Man redet da eher generell drüber,
aber ohne sich selbst damit auseinander zusetzen, mit der eigenen Sexualität."
An
der Broschüre der KjG gefällt ihm vor allem:
"Besonders an dieser Broschüre
ist, dass sie Wert darauf liegt, über Vorurteile zu sprechen und dass sie propagiert,
ohne Vorurteile und Wertungen über Sexualität zu reden. Es wird mit dem gearbeitet,
was da ist, mit den Jugendlichen, wie sie gerade sind, ganz egal, was sie für Erfahrungen
sie gemacht haben und welche auch nicht."
Die sexualpädagogische Arbeitshilfe
“Erste allgemeine Verunsicherung” soll in außerschulischen Jugendgruppen zum Einsatz
kommen. Sie kann auf der Hompage der Katholischen Jungen Gemeinde, heruntergeladen werden.