Er gilt als derjenige
Missionar, dessen Arbeit in China zum ersten Mal Erfolg hatte. Die Rede ist von dem
Jesuiten Matteo Ricci. Wenn sich in diesen Tagen sein Todestag zum 400. Mal jährt,
finden in Italien, aber auch in China und auf der ganzen Welt Veranstaltungen zu seinen
Ehren statt. Eine Annäherung von Dominik Skala.
Einmal mit dem chinesischen
Kaiser sprechen – das hatte er immer gewollt. Dieser Wunsch jedoch hat sich nie erfüllt.
Seinen Ruhm hat das nicht geschmälert. Matteo Ricci steht wie kein anderer für das
erfolgreiche Wirken von Missionaren im Fernen Osten. Als Jesuit kam er im Jahr 1582
nach China, wo er begann, seine Missionstätigkeit auszuüben. Die Situation der katholischen
Kirche in dieser Zeit scheint dazu zu passen: Zu Beginn des 16. Jahrhunderts von der
Reformation überrascht, hatte sie in Europa zur „Gegenreformation“ ausgeholt und war
dabei, sich wieder einmal neu zu erfinden. In diese Phase fällt auch die Tätigkeit
von Matteo Ricci, betont Giancarlo Ghirlanda, Rektor der Jesuitenuniversität Gregoriana
in Rom:
„Matteo Ricci und sein Wirken erscheinen nicht von ungefähr, sondern
sind in einen größeren Zusammenhang eingebunden – nämlich den der Erneuerung der katholischen
Kirche im 16. Jahrhundert. Man denke nur an das Konzil von Trient, das eine neue Vision
von universaler Kirche entwickelt: Hinein in Gebiete und Kontinente, die bisher nicht
bekannt sind. Das sind die Ausgangskoordinaten, in denen Matteo Ricci arbeitet. Er
nimmt diese Strömung auf und steht damit auch gleichzeitig für die Erneuerung der
Missionstätigkeit seines Ordens, den Jesuiten. Sie suchen die direkte Begegnung mit
den Menschen, den Kulturen, den Ländern. Also: Matteo Ricci nimmt eine Tradition auf
und entwickelt den Umgang mit ihr weiter.“
Ricci, in Rom ausgebildet, wird
von seinem Orden also nach China geschickt. Dort gründet er Missionsstationen. Zunächst
in Macao im Süden, dann immer weiter nördlich – bis es ihm im Jahr 1601 schließlich
gelingt, in Peking Fuß zu fassen. Seine Methode dabei: Das Evangelium Jesu Christi
verkünden, aber in echter Auseinandersetzung mit der Kultur, die er vorfindet. Matteo
Ricci gibt sich den chinesischen Namen Li Madou und kleidet sich wie ein Gelehrter
des Landes. Er übernimmt die Lebensgewohnheiten und Umgangsformen chinesischer Gelehrter,
mit denen er Beziehungen pflegt. Er tut alles, um den Eindruck zu vermeiden, das Christentum
sei ein europäischer Import. In atemberaubender Schnelle lernt er die chinesische
Sprache in Wort und Schrift und verfasst sogar chinesische Bücher.
„Im Westen
haben die Kirchenväter einen Methodenkatalog entwickelt, wie der Glaube zu fassen
ist, vor allem über die griechische Kultur und Philosophie. Für den Fernen Osten hat
sich eben Matteo Ricci daran gemacht, in der Auseinandersetzung mit dem philosophisch-kulturellem,
konfuzianischen Erbe Möglichkeiten der Evangelisation zu entwickeln.“
Es
ist eine ganz eigene Art und Weise damals, so Mission zu treiben, wie Ricci es tut.
„Akkomodationsmethode“ heißt sie. Er sucht die Auseinandersetzung mit den intellektuellen
Eliten des Landes. Natürlich scheinen die Chinesen zunächst vor allem auch von den
europäischen Mitbringseln Riccis fasziniert. Er bringt zum Beispiel ein Clavicembalo
mit und komponiert eigene Stücke. Auch seine Kenntnisse in der Mathematik und der
Astronomie bringen ihm die Achtung der Gelehrten ein. Gleichzeitig bringt er aber
immer auch das Evangelium Jesu Christi zur Sprache. Es erscheinen ein chinesischer
Katechismus und Schriften zur Moralphilosophie. Das eröffnet Perspektiven auch für
Heute, meint der Bischof von Riccis Heimatstadt Macerata, Claudio Giuliodori.
„In
seinen Hauptwerken, z.B. über moralische Fragen, verbindet er seine eigene, thomistische
Ausbildung mit einer besonderen Wertschätzung für die konfuzianische Überlieferung.
Andere Missionsansätze sind gescheitert, weil sie die westliche Kultur einfach überstülpen
wollten. Bei Matteo Ricci läuft das anders. Er geht anders an die Missionsaufgabe
heran als beispielsweise die Missionare in Lateinamerika: Er sieht, dass er Menschen
vor sich hat, die Kultur, Tradition und Spiritualität haben. Sie haben eine Staatsorganisation,
von der Ricci sogar sagt, dass sie organisierter sei als in Europa. Und in der Anerkenntnis
dieser Kultur nun sucht er eine Möglichkeit, im Dialog die spezifische Botschaft des
Evangeliums einzubringen. Und insofern ist das ein Modell von höchster Aktualität.
Denn ich glaube, im Dialog zwischen Osten und Westen sind wir heute noch nicht immer
so weit.“
Höchste Aktualität, und wohl auch höchste Dringlichkeit, dass
sich eine solch respektvolle Art und Weise des Dialogs durchsetzt. Der Todestag Matteo
Riccis, der sich am 11. Mai zum 400. Mal jährt und der in diesen Tagen mit großen
Konferenzen in Italien und China bedacht wird, sollte daran erinnern, dass es immer
gut tut, zunächst einmal darauf zu hören, was der Fremde uns gegenüber denn schon
alles zu bieten hat. Wenn wir das von Matteo Ricci mitnehmen können, ist schon vieles
gewonnen.