Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof wird über das umstrittene Kruzifix-Urteil
neu verhandeln. Ein aus fünf Richtern bestehendes Gremium billigte die Überweisung
des Falls an eine aus 17 Richtern bestehende Grosse Kammer. Das teilte der Gerichtshof
am Dienstag in Strassburg mit. Regierung und katholische Kirche in Italien begrüssten
die Wiederaufnahme des Kruzifix-Verfahrens. Aussenminister Franco Frattini sagte in
Rom, er sehe „mit Genugtuung“, dass die Richter die detaillierten Einwände Italiens
gegen das Verbot von Kruzifixen in Klassenzimmern akzeptiert hätten. Der Vorsitzende
der Bischofskonferenz, Kardinal Angelo Bagnasco, nannte die Ankündigung aus Strassburg
einen „Akt des gesunden Menschenverstands“. Kardinal Peter Erdö vom Rat der Europäischen
Bischofskonferenzen betonte, Entscheidungen über religiöse Belange müssten auf nationaler
Ebene gefällt werden. Das Gericht habe jetzt die Chance, das Vertrauen in die europäischen
Institutionen wiederherzustellen. Anfang November hatte der Menschenrechtsgerichtshof
einer Klägerin Recht gegeben, die sich in Italien vergeblich gegen die Kreuze an öffentlichen
Schulen gewandt hatte. Italien legte Ende Januar gegen das Urteil Widerspruch ein.
Gegen die nun anstehende Entscheidung der 17 Richter ist kein Einspruch mehr möglich.
Wann das Urteil der Grossen Kammer ergeht, ist offen. Das Verfahren werde in jedem
Fall mehrere Monate in Anspruch nehmen, hiess es beim Menschenrechtsgerichtshof. (kipa/rv
03.03.2010 sk)