2010-02-22 13:27:48

Experten: „Islam nähert sich dem Christentum“


RealAudioMP3 „Der Islam in Europa nähert sich immer mehr dem Christentum an – nur wollen wir das nicht wahrnehmen.“ Das hat jetzt der französische Philosoph Olivier Roy, der Leiter des Nationalen Forschungszentrums in Paris ist, gegenüber der Zürcher „Sonntagszeitung“ geäußert. Die Internetseiten muslimischer Gemeinden in Frankreich und Deutschland seien beispielsweise auf Französisch beziehungsweise Deutsch geschrieben, betonte der Politologe. Besonders kritisierte er das Schweizer Minarettverbot vom vergangenen November. Denn die Minarette seien der Versuch, sich den Christen anzunähern. Sie zeigten den Wunsch, muslimische Gemeinden zu bilden, die sichtbar sind und ähnlich funktionieren wie christliche, so Roy.

Dass sich der Islam und das Christentum näher stehen, als oftmals gedacht, hat jüngst auch der Botschafter der Türkei beim Heiligen Stuhl, Kenan Gürsoy, betont. Er legte im Rahmen der Vortragsreihe „Identität und Religion“, die am Dienstagabend an der Päpstlichen Jesuitenhochschule Gregoriana in Rom gestartet ist, seine Vorstellung vom Miteinander der Religionen dar:

„Wir alle sind von einer bestimmten Tradition geprägt und darüber hinaus Gläubige einer bestimmten Religion. Das, was uns aber allen gemeinsam ist, das ist er ethische Anspruch, der unseren Religionen inne wohnt. Ihr Bewusstsein um Werte. Hierin zeigt sich die universelle Größe der Religionen, trotz aller Verschiedenheiten. So etwas wie eine interreligiöse Ethik. Und jeder von uns muss auf die Suche nach dieser universellen Botschaft gehen.“

Die islamische Mystik könne eine Brücke zu diesem Universalismus bauen, vertiefte der Diplomat seine Ansicht. So vereine die jahrhundertealte Tradition des Sufismus verschiedene mystische Strömungen, die von der meditativen Rezitation der „neunundneunzig schönsten Namen Gottes“ und damit von der Reflexion der eigenen Gottesbeziehung lebten. Das bereite auch den Weg für die Begegnung mit anderen Religionen und könne dazu beitragen, Vorurteile, die besonders im Zuge des radikalislamischen Terrorismus angewachsen seien, abzubauen:

„Der Sufismus ist keine Doktrin und kann keine eigene Kirche begründen. Er ist auch keine religiöse oder philosophische Schule, sondern vielmehr eine Energie. Und diese ermöglicht es uns, die verschiedenen Linien des Islam in einem neuen Licht zu sehen. So können auch die sunnitische und schiitische Tradition in Einklang miteinander gebracht werden. Und mehr noch: Die sufische Blickrichtung ermöglicht es uns, alle monotheistischen Religionen neu wahrzunehmen! Hier wird so etwas wie eine Neuinterpretation der Geschichte der Religionen auf philosophischer Ebene möglich – auch, wenn das erstmal eine Utopie darstellt.“

(kna/rv 22.02.2010 vp)







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