Köln kann ohne Übertreibung
als Hochburg des Karnevals gelten. Und während anderen Ortes, etwa im Schweizer Bistum
Chur, zu Fasching keine Narrenmessen mit typischer Guggenmusik mehr stattfinden, werden
im Kölner Erzbistum gemeinsame Wurzeln von Kirche und Karneval beschworen. Beiden
wohnt das „Ja zur Lebens- und Glaubensfreude“ inne, betonte der Domkapitular Gerd
Bachner am Faschingssonntag in seiner Predigt: „Ausdruck und Achtung
vor Gott und den Menschen ist auch ein Motto des offiziellen Kölner Karnevals, das
da lautet – und die Präsidenten achten darauf: ‚Von Zoten frei, die Narretei!‛ Die
gemeinsame Freude am Feiern und am Leben ist gemeinsames Gut christlicher Haltung
und karnevalistischen Feierns. Wie sagt doch der Bergische Jung, Diakon Willibert
Pauls, am Ende seiner Rede, wenn er Pater Braun zitiert: Humor ist eine Erscheinungsform
der Religion. Nur, wer über den Dingen steht, der kann sie belächeln.“ Das
Liedgut des Kölner Karnevals, man denke allein an „Mer losse d´r Dom en Kölle“, gebe
an unterschiedlichen Stellen Zeugnis vom Kirchen- und Glaubensbezug der Karnevalisten.
Bachner gibt ein ganz konkretes Beispiel dafür, wie sehr sich Karneval und christliche
Alltagspraxis ähneln: „Ob bei einer Karnevalssitzung oder beim Straßenkarneval,
da stehen die Menschen zusammen. Sie haken sich unter, egal, wer da links oder rechts
neben mir steht, ob ich ihn kenne oder nicht, die Menschen schunkeln zu vielen Liedern.
Man kennt sich nicht, und doch ist man sich sehr nahe. Es gibt in dieser Stadt keine
Fremden.“ Nicht nur in Köln, sondern auch in der Schweiz trifft
man auf große Fastnachtsfans. Alte Masken und besonders die Guggenmusik haben dort
eine lange Geschichte. Unser Kollege Mario Galgano ist in die Zentralschweiz gereist
und berichtet von der Fastnacht vor Ort: „Die Fastnacht ist hier
schon etwas typisch Katholisches. Das heißt, eher in den katholisch geprägten Orten
ist das eine Tradition. Dort gibt es eben auch diese berühmten Guggenmusiken, während
in den reformierten Gebieten überhaupt keine Fastnacht stattfindet. Die Guggenmusiker,
das sind Amateurmusiker, die maskiert in den verschiedenen Ortschaften auftreten und
Fastnachtsmusik spielen. Das Ganze hat aber auch mit der Kirche etwas zu tun. Denn
schließlich führt es ja auf die Fastenzeit hin. Daneben gibt es dann aber auch heidnische
Anklänge, weil es auch darum geht, den Winter auszutreiben.“ An diesem Sonntag
hat sich Mario Galgano unter die Narren gemischt und eine Messe besucht, bei der die
typische Fastnachtsmusik, anders als in Chur, aufgespielt wurde. Vorbehalte gegenüber
der Vermischung von Kirche und Karneval seitens der Kirchenleitung versteht der Schweizer
allerdings bis zu einem gewissen Grad: „So eine Fastnachtsmesse, das ist erst
einmal überhaupt nichts Unseriöses. Nur muss man aufpassen, dass diejenigen, die daran
teilnehmen, so eine Messe nicht ausnützen, um ihre Ideen im kirchlichen Raum durchzusetzen.
Zum Beispiel, um Frust über den eigenen Bischof abzulassen. Das gehört dort nicht
hin.“ Und eigentlich wünscht sich unser Kollege auch, dass neben
dem bunten Treiben den Schweizern der kirchliche Bezug zur Fastnacht nicht verloren
geht: „Schon das Wort Fastnacht, oder auch Karneval, hat etwas mit
der Fastenzeit zu tun. Das ist Vielen nicht bewusst! Und das finde ich persönlich
etwas schade. Natürlich soll man das Fastnachtfeiern genießen und Freude daran haben.
Aber dennoch könnte man sich etwas auf das besinnen, was konkret dahinter steckt.“ (rv/domradio
15.02.2010 vp)