2010-02-13 10:16:58

Rumänien: Flucht vor der Armut


RealAudioMP3 „Vom Exzess zur Schwäche“ – so beschreibt der rumänische Psychiater Ion Vianu den Wandel seines Heimatlandes nach dem Fall Ceausescus. „Zwanzig Jahre nach der antikommunistischen Revolution befinden wir uns noch immer in der Schwebe zwischen einer postsowjetischen Oligarchie und einer Demokratie nach westlichem Modell“, so der aus Bukarest stammende Arzt in einem aktuellen Beitrag für die „Neue Züricher Zeitung“. Dieser prekäre Zustand ist auch in der Kirche des Landes spürbar. Aufgrund starker Abwanderung vor allem der jungen Bevölkerung ist die Zahl der Priesteramtskandidaten gesunken. Nach Zeiten von Unterdrückung und Verfolgung ist auch die Ökumene eine echte Herausforderung. Der Erzbischof von Bukarest, Ioan Robu, erzählt uns im Interview von den Schwierigkeiten, mit denen die Glaubensgemeinschaft in Rumänien zu kämpfen hat. Er und andere rumänische Oberhirten schließen ihren Ad-Limina-Besuch im Vatikan an diesem Samstag ab.

„In der katholischen Kirche Rumäniens gibt es drei Riten, den lateinischen, byzantinischen und armenischen, und drei liturgische Hauptsprachen: Rumänisch, Ungarisch und Deutsch. Das spiegelt in gewisser Weise die universelle Kirche wider. Unser Kirchenleben nimmt langsam Normalität an. Vor 1989 konnte man den Glauben nur hinter den Kirchenmauern leben, heute hat sich der Bereich der Glaubensarbeit verbreitert: Wir gehen in die Medien, Schulen und Gefängnisse.“

Gut 86 Prozent der Rumänen gehören der rumänisch-orthodoxen Kirche an, knapp sieben Prozent sind evangelikale Christen. Das Verhältnis zur orthodoxen Kirche könnte besser sein. Der Erzbischof:

„Man könnte eher von Koexistenz sprechen, auch wenn wir uns respektieren. Allerdings gab es auch nach Besuch von Johannes Paul II. noch Spannungen zwischen der rumänischen-orthodoxen und griechisch-katholischen Kirche. Da geht es um Besitztümer: Kirchen, Pfarrhäuser, Klöster, die damals vom kommunistischen Regime unerlaubterweise konfisziert wurden und ins Besitztum der orthodoxen Kirche gelangt sind.“

Größtes Problem sei die Abwanderung vieler katholischer Familien in den Westen, so der Erzbischof.

„Vor allem die junge Bevölkerung wandert wegen Armut und Arbeitssuche aus. Gerade wo wir Stabilität und Wachstum brauchen, kommt es also zu einer Massenflucht. Leider zeigen die staatlichen Autoritäten für dieses gravierende Problem kein Verständnis.“

Die neue politische Führung des Landes, das 2007 der Europäischen Union beitrat, verfolgt einen demokratischen und marktwirtschaftlichen Kurs. Größtes Problem ist jedoch immer noch das Fehlen eines konkreten Entwicklungsprojektes für Rumänien, dessen Wirtschaft – so Beobachter – „anarchisch“ wächst: Diese Entwicklung gehe auf Kosten des Gemeinwohls.

(rv/nzz 13.02.2009 pr)







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