Für „nicht zukunftsfähig“ hält der Zürcher Philosoph Hermann Lübbe die Verflechtung
von Staat und Kirchen. Lübbe äußerte sich am Donnerstagabend bei einer Fachtagung
des Forschungsverbundes „Religion und Politik“ in Münster. Die Nähe der Religion zum
Staat – sichtbar etwa im Kirchensteuereinzug oder im Religionsunterricht – behindere
in vielen europäischen Ländern die Entfaltung von Religion, so der Wissenschaftler.
„Was ist, wenn alle Religionsgemeinschaften die Privilegien der großen Kirchen einfordern,
die ihnen dem Grundgesetz nach zustehen?“, gab Lübbe zu bedenken. Das deutsche Staatskirchenrecht
werde der unaufhaltsamen Pluralisierung der Religionen nicht gewachsen sein, so seine
Prognose. Als Gegenbeispiel verwies der Philosoph auf die USA. Dort habe sich die
radikale Trennung der Kirchen vom Staat als vorteilhaft erwiesen: „Erst auf dieser
Basis vermochten die Katholiken zur weitaus größten Religionsgemeinschaft in den USA
heranzuwachsen. Und gerade wegen dieser unzweifelhaften Trennung können die amerikanischen
Präsidenten öffentlich ihren Glauben demonstrieren“, so Lübbe.