2010-02-11 14:46:19

Welttag der Kranken: Papstpredigt


Wir dokumentieren in einer Arbeitsübersetzung die Predigt von Papst Benedikt XVI.

Verehrte Herren Kardinäle,
verehrte Brüder im Bischofsamt,
liebe Schwestern und Brüder!

In den zusammenfassenden Beschreibungen des kurzen aber intensiven öffentlichen Lebens Jesu bezeugen die Evangelien, dass er das Wort verkündet und Heilungen von Kranken gewirkt hat, als beispielhaftes Zeichen der Nähe des Gottesreiches. Matthäus schreibt zum Beispiel: „Und Jesus zog umher in ganz Galiläa, lehrte in ihren Synagogen und predigte das Evangelium von dem Reich und heilte alle Krankheiten und alle Gebrechen im Volk.“ Die Kirche, der die Aufgabe anvertraut ist die Sendung Christi durch Zeit und Raum zu verlängern, kann [daher] diese beiden grundlegenden Werke nicht vernachlässigen: Die Evangelisierung und die Pflege der Kranken an Körper und Geist. Gott will nämlich den ganzen Menschen heilen und im Evangelium ist die Heilung des Körpers Zeichen einer tieferen Genesung - der Vergebung der Sünden (Mk 12, 1-12). Es ist also kein Wunder, dass Maria, Mutter und Modell der Kirche, als „Salus infirmorum“ als Heil der Kranken angerufen und verehrt wird. Jene erste und perfekte Jüngerin ihres Sohnes hat bei der Begleitung des Weges der Kirche immer eine besondere Fürsorge für die Leidenden gezeigt. Davon geben die vielen Tausenden Personen, die sich in den Marienheiligtümern einfinden, um die Mutter Christi anzurufen und die in ihr Kraft und Linderung finden, beredtes Zeugnis ab. Der Bericht des Evangeliums von der Heimsuchung zeigt uns, wie die Jungfrau, nach der Verkündigung des Engels, die empfangene Gabe nicht für sich behält, sondern sofort aufbricht, um ihrer alten Cousine Elisabeth zu Hilfe zu kommen, die seit sechs Monaten Johannes unter dem Herzen trägt. In der von Maria ihrer Verwandten angebotenen Hilfe, die eine in fortgeschrittenem Alter heikle Situation wie eine Schwangerschaft erlebt, sehen wir schon die ganze Tätigkeit der Kirche in der Unterstützung des Lebens, das Fürsorge benötigt, vorgeformt.

Der päpstliche Rat für die Pastoral im Krankendienst, schon vor 25 Jahren vom verehrungswürdigen Johannes Paul II. eingerichtet, ist ohne Zweifel ein besonderer Ausdruck dieser Sorge. Ich denke mit Anerkennung an Fiorenzo Kardinal Angelini, den ersten Präsident des Rates und schon immer ein leidenschaftlicher Förderer dieses Bereiches des kirchlichen Handelns; ebenso an Javier Kardinal Locarno Barragen, der bis vor einigen Monaten diesem Dienst Kontinuität und Wachstum gegeben hat. Mit lebendiger Herzlichkeit entrichte ich als nächstes dem aktuellen Präsidenten, Monsignore Zygmunt Timowski, der jenes so bedeutsame und wichtige Erbe übernommen hat, meinen Gruß, den ich auf alle Aufgabenträger und alles Personal ausweiten möchte, die in diesem Vierteljahrhundert so lobenswert in jenem Amt des Heiligen Stuhles gearbeitet haben. Ich wünsche darüberhinaus, die Gesellschaften und Organisationen zu grüßen, die die Organisation des Welttages des Kranken leisten - insbesondere UNITALSI und das römische Pilgerwerk. Der allerherzlichste Willkommensgruß geht natürlich an Euch, liebe Kranke! Danke, dass Ihr gekommen seid und vor allem für Euer Gebet, das ihr durch die Aufopferung Eurer Mühen und Leiden anreichert. Mein Gruß geht auch an die Kranken und die Freiwilligen, die mit uns verbunden sind in Lourdes, Fatima, Częstochowa und anderen Marienheiligtümern, an alle die uns über Radio und Fernsehen mitverfolgen können, besonders in den Kranken- und Pflegeeinrichtungen oder aus den eigenen Wohnungen. Gott der Herr, der unablässig über seine Kinder wacht, gebe Euch allen Trost und Stärkung!

Es sind zwei Hauptthemen, die die Liturgie des Wortes uns heute vorstellt: das erste ist der marianische Charakter, der das Evangelium mit der ersten Lesung, die aus dem letzten Kapitel des Jesajabuches genommen ist, und mit dem Antwortpsalm aus dem Lobgesang der Judith verbindet. Das andere Thema, das wir im Abschnitt des Jakobusbriefes finden, ist das des Gebetes der Kirche für die Kranken und insbesondere das Sakrament, das ihnen vorbehalten ist. Im Angedenken an die Erscheinungen in Lourdes, dem von Maria auserwählten Ort, um ihre mütterliche Fürsorge für die Kranken zu zeigen, lässt die Liturgie angemessenerweise das Magnificat erklingen, jenen Gesang der Jungfrau, der die Wundertaten Gottes in der Heilsgeschichte besingt: die Demütigen und Bedürftigen, die alle die Gott fürchten, erfahren seine Barmherzigkeit, welche die irdischen Schicksale auf den Kopf stellt und so die Heiligkeit des Schöpfer und Erlösers aufzeigt. Das Magnificat ist nicht das Lied derjenigen, denen das Glück zulächelt, die immer Rückenwind haben; es ist vielmehr die Danksagung dessen, der das Drama des Lebens kennt, aber in das erlösende Handeln Gottes vertraut. Es ist ein Lied, das den geprüften Glauben von Generationen von Männern und Frauen ausdrückt, die auf Gott ihre Hoffnung Gesetz haben und die sich - wie Maria- in erster Person eingesetzt haben, um notleidenden Geschwistern Hilfe zu sein. Im Magnificat hören wir die Stimme aller Heiligen der Nächstenliebe; ich denke im besonderen an jene die ihr Leben bei den Kranken und Leidenden verbracht haben, wie Camillus von Nellys, Johannes von Gott, Damian de Veuster und Benedetto Menni. Wer lange leidenden Personen nahe bleibt, kennt Angst und Tränen, aber auch das Wunder der Freude, die Frucht der Liebe ist.

Die Mütterlichkeit der Kirche ist Widerschein der zuvorkommenden Liebe Gottes, von der der Prophet spricht: „Wie eine Mutter ihren Sohn tröstet, so tröste ich euch; in Jerusalem findet ihr Trost.“ Es ist eine Mütterlichkeit, die ohne Worte spricht und die in den Herzen Tröstung bewirkt, eine innerliche Freude, eine Freude die paradoxerweise mit Schmerz und Leid zusammenleben kann. Die Kirche bewahrt wie Maria in sich das Drama des Menschen und die Tröstung Gottes, sie hält sie zusammen auf dem Pilgerweg der Geschichte. Durch die Jahrhunderte hindurch macht die Kirche die Zeichen der Liebe Gottes sichtbar, der nicht aufhört an den Demütigen und Einfachen große Dinge zu tun. Das angenommene und aufgeopferte Leiden, die ehrliche Gespräch, das keinen Vorteil sucht, sind das nicht auch Wunder der Liebe? Der Mut dem Leid unbewaffnet entgegen zu gehen, wie Judith, allein mit der Kraft des Glaubens und der Hoffnung auf den Herrn, ist das nicht ein Wunder, das die Gnade Gottes ständig in soviel Personen bewirkt, die Zeit und Energie aufwenden um dem zu helfen der leidet? Wegen all diesem leben wir eine Freude, die nicht das Leid vergisst, sondern es versteht. Auf diese Weise sind die Kranken und alle Leidenden in der Kirche nicht nur die Empfänger von Aufmerksamkeit und Sorge, sondern zuallererst Handelnde auf dem Pilgerweges des Glaubens und der Hoffnung, Zeugen der Wunder der Liebe, der österlichen Freude, die von Kreuz und Auferstehung ausgeht.

Im Abschnitt aus dem Jakobusbrief, der gerade verkündet wurde, lädt der Apostel ein, die nahe Wiederkunft des Herrn beständig zu erwarten und bringt in diesem Kontext eine besondere Ermahnung bezüglich der Kranken. Diese Einordnung ist sehr interessant, weil sie die Handlungsweise Jesu widerspiegelt, der ja durch Heilung der Kranken die Nähe des Gottesreiches aufzeigte. Die Krankheit wird in der Perspektive der Endzeit gesehen - mit dem Realismus der typisch christlichen Hoffnung. „Ist einer von euch bedrückt? Dann soll er beten. Ist einer fröhlich? Dann soll er ein Loblied singen.“ Wir hören ähnliche Worte vom Heiligen Paulus, wenn er einlädt alle Dinge in Beziehung zu setzen mit der radikalen Neuheit Christi, seinem Tod und seiner Auferstehung. Ist einer von euch krank? Dann rufe er die Ältesten der Gemeinde zu sich; sie sollen Gebete über ihn sprechen und ihn im Namen des Herrn mit Öl salben. Das gläubige Gebet wird den Kranken retten…“ Hier ist der Fortsatz Christi in seiner Kirche sichtbar: es ist noch immer Er, der handelt, durch seine Priester; es ist sein Geist der durch das sakramentale Zeichen des Öles handelt; an Ihn richtet sich der Glaube, der im Gebet ausgedrückt wird; und wie es bei den Personen, die von Jesus geheilt worden sind geschah, kann man zu jedem Kranken sagen: Dein Glaube, gehalten vom Glauben der Schwestern und Brüder, hat Dich gerettet.

Aus diesem Test, der das Fundament und die Praxis des Sakraments der Krankensalbung enthält, lässt sich gleichzeitig eine Vision der Rolle der Kranken in der Kirche herausholen. Eine aktive Rolle im - um es mal so zu sagen - Provozieren des Gebetes, das im Glauben vollzogen wird. „Ist einer von Euch krank, so rufe er die Priester…“. In diesem Priesterjahr unterstreiche ich gerne die Verbindung von Kranken und Priestern, ein ganz besondere Art der Allianz, ein evangeliumsgemäßes Einverständnis. Beide haben dieselbe Aufgabe: der Kranke muss die Priester rufen, und jene müssen antworten, um in der Erfahrunge der Krankheit die Gegenwart und das Handeln des Auferstandenen und seine Geistes spürbar zu machen. Und hier können wir die ganze Wichtigkeit der Krankenpastoral sehen, deren Wert tatsächlich unschätzbar ist: das unermessliche Gut, das sie in erster Linie im Kranken und im Priester bewirkt, aber auch an den Angehörigen, den Bekannten, der Gemeinde und - auf unbekannte und geheimnisvolle Wege - an der ganzen Kirche und an der Welt. In der Tat, wenn das Wort Gottes von Heilung spricht, von Heil, von Gesundheit des Kranken, versteht sie diese Begriffe in einem ganzheitlichen Sinn, indem sie niemals Seele und Körper trennt: Ein Kranker, der vom Gebet Christi mittels der Kirche geheilt wird, ist eine Freude auf der Erde und im Himmel, und eine Erstlingsgabe des Ewigen Lebens.

Liebe Freunde, wie ich in der Enzyklika „Spem Salvi” geschrieben habe: Das Maß der Humanität bestimmt sich ganz wesentlich im Verhältnis zum Leid und zum Leidenden. Das gilt für den einzelnen wie für die Gesellschaft.(Nr. 38). Mit der Einrichtung eines päpstlichen Rates, der der Pastoral im Gesundheitswesen gewidmet ist, hat der Heilige Stuhl einen eigenen Beitrag leisten wollen, um eine Welt voranzubringen, die fähiger ist, die Kranken als Personen anzunehmen und zur umsorgen. Er hat nämlich gewollt, ihnen zu helfen die Erfahrung der Krankheit in einer menschlichen Weise zu leben, indem sie nicht negiert wird, sondern ihr ein Sinn gegeben wird. Ich möchte die Reflexionen mit einem Gedanken des Verehrungswürdigen Johannes Paul II. beschließen, den er mit seinem eigenen Leben bezeugt hat. Im Apostolischen Schreiben „Salvifici Doloris“ hat er geschrieben: „Christus hat zugleich den Menschen gelehrt, durch das Leiden Gutes zu wirken und dem Gutes zu tun, der leidet. In diesem doppelten Aspekt hat er den Sinn des Leidens bis zum letzten enthüllt.“(Nr. 30)“ Möge die Jungfrau Maria uns helfen, diese Mission vollständig zu leben.

(rv 11.2.2010 ord)







All the contents on this site are copyrighted ©.