„Anglican Communion
Covenant“ – so heißt ein grundlegendes Konsenspapier, das derzeit allen 38 Provinzen
der anglikanischen Weltgemeinschaft vorliegt. Der Text, der in jahrelanger Arbeit
entstanden ist, soll die fragile Einheit der Anglikaner retten. Erzbischof Rowan Williams
von Canterbury, der Primas der anglikanischen Kirche, hat das Konsenspapier vor Kurzem
vorgestellt; es bemüht sich um den Entwurf einer gemeinsamen theologischen und pastoralen
Vision und soll ein Prozedere festlegen, das im Fall von Auseinandersetzungen gilt.
„Es ist ziemlich wichtig, daran zu erinnern, was der „Covenant“ ist und
was er nicht ist – was er erreichen kann und was er nicht erreichen kann.“ Das
sagt Erzbischof Williams in einer YouTube-Botschaft, die bis zu diesem Montag 5316
Mal aufgerufen worden ist. „Das Papier wird nicht alle Probleme lösen; es ist weder
eine Verfassung noch ein Gesetzbuch, das alle Regelbrecher bestraft. Vielmehr zeigt
der „Covenant“, wie sich bei einer Meinungsverschiedenheit verfahren lässt, um Spaltungen
zu vermeiden. Und er hilft uns zu verstehen, worin unsere Gemeinsamkeit besteht, so
dass wir unseren Zusammenhalt und unser Vertrauen untereinander verstärken.“ Provinzen,
die diesem Bund beitreten wollten, sollten bitte bis zum endgültigen Beschluß alles
vermeiden, was die Gläubigen noch weiter spalten könnte, bittet der graubärtige Primas.
Auch der neue Grundlagentext sei sicher kein Zaubermittel, um Einheit herzustellen,
doch könne er beim Unterscheiden helfen: „Wie wichtig ist dieser Punkt, der uns
hier trennt? Wie sehr muss er uns untereinander spalten? Geht es hier um etwas, was
die Gemeinschaft als Ganze zum Zerbrechen bringt, oder können wir vielleicht lernen,
damit zu leben?“
Der „Covenant“ hat vier Teile, und der letzte ist wohl
der wichtigste: Er beschäftigt sich mit dem Thema der Sexualität aus biblischer Sicht.
Dieses Thema hat die anglikanische Kirche in den letzten Jahren entzweit und an den
Rand der Spaltung gebracht, seit die US-Anglikaner 2003 einen bekennenden Homosexuellen
zum Bischof von New Hampshire geweiht haben. Gegen diesen und weitere liberale Schritte
wehren sich vor allem Anglikaner aus Afrika, die zahlenmäßig längst den größten Anteil
der Kirchenmitglieder stellen. Der Erzbischof von Canterbury versucht allerdings,
den „Covenant“ nicht nur als Minimalkonsens darzustellen: Vielleicht könne der Text
sogar mal für andere Christen attraktiv werden.
„Es steht anderen Gemeinschaften,
anderen Kirchen und Gruppen frei, diesem Bund beizutreten und damit für eine Eingliederung
in die anglikanische Gemeinschaft in Frage zu kommen... Es wird in den nächsten Jahren
viel geredet werden über diesen Text. Vielleicht hilft er uns längerfristig, mehr
zu einer Gemeinschaft zu werden, mehr Verantwortung füreinander zu spüren.“ Derzeit
wird in den anglikanischen Provinzen also beraten, ob sie dem Bund beitreten sollen
oder nicht. Dazu haben sie drei Jahre Zeit: bis zum nächsten „Anglican Consultative
Council“. Das höchste Organ der anglikanischen Weltgemeinschaft tritt 2012 wieder
zusammen. „Ich hoffe“, sagt Erzbischof Williams, „dass der „Covenant“ wirkt und uns
hilft, gemeinsam Zeugnis und Mission in unserer Welt zu leisten.“ Der anglikanischen
Kirche gehören 77 Millionen Gläubige auf allen Kontinenten an.