2010-02-07 11:49:34

D: Bischöfe bekräftigen Willen zur Aufklärung


Die Bischöfe sind an einer lückenlosen Aufklärung der kirchlichen Missbrauchs-Skandale interessiert. Das hat der Sekretär der Bischofskonferenz, Pater Hans Langendörfer, am Samstag vor Journalisten in Bonn bekräftigt. Grundsätzlich hätten die Bischöfe mit den 2002 verabschiedeten Leitlinien ein „gutes System“ geschaffen, um Fälle von sexuellem Missbrauch aufzuklären, glaubt Langendörfer. Die Vorschriften sehen in den Diözesen unter anderem den Einsatz von Ansprechpartnern vor, an die sich Betroffene wenden können. Allerdings müsse nun geklärt werden, ob die Umsetzung überall optimal erfolgt sei, so der Jesuit: „Über Verbesserungen können wir reden. Es wäre ja ein ganz furchtbarer Selbstwiderspruch, wenn wir unser Anliegen, Transparenz zu schaffen, Öffentlichkeit herzustellen, selber verunmöglichen.“ In einem ebenfalls am Samstag veröffentlichten Gespräch mit Spiegel online betonte Langendörfer das Anliegen der Bischöfe, Fälle von Missbrauch nicht nur kirchenrechtlich zu ahnden. „Wir legen grossen Wert darauf, dass bei der Aufklärung die Staatsanwaltschaft ihren Pflichten nachkommen kann.“ Sexueller Missbrauch Minderjähriger sei sowohl nach kirchlichem als auch nach staatlichem Recht eine Straftat. Die Leitlinien ermöglichten in diesem Zusammenhang „ein einheitliches, konsequentes und transparentes Vorgehen“.
Langendörfer: „Dunkle Seite der Kirche“
Über die bislang bekannt gewordenen Fälle zeigt sich der Jesuiten-Pater erschüttert. „Ich erlebe in diesen Tagen eine Seite der Kirche, aber auch meines Ordens, die richtig dunkel ist und die mich erschreckt“, sagte Langendörfer. Ihn bewege besonders „das unglaubliche Unglück, das Geistliche in das Leben von jungen Leuten gebracht haben“. Zugleich dementierte Langendörfer unter Hinweis auf wissenschaftliche Studien die Vermutung, dass die Ehelosigkeit der Priester eine Ursache von Kindesmissbrauch sei.
Nach Langendörfers Worten rechnen die deutschen Bischöfe damit, dass demnächst noch weitere Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche bekannt werden. „Es wäre etwas wirklichkeitsfremd zu behaupten, alles was jetzt bekannt geworden ist, ist es gewesen“, so der Sekretär der Bischofskonferenz. Er bezog sich dabei auf Recherchen des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“. Demnach wurden in den vergangenen 15 Jahren in 24 Bistümern 94 Kleriker und Laienmitarbeiter des Missbrauchs beschuldigt.
Wie viele dieser Fälle sich auf Ereignisse vor 1995 beziehen, berichtet der Spiegel nicht. Zahlreiche Taten sind jedoch den Angaben zufolge verjährt. 30 Personen seien strafrechtlich verurteilt worden; gegenwärtig stünden 10 Kirchenmitarbeiter unter Missbrauchsverdacht. Von den 27 angefragten Bistümern antworteten laut Spiegel 24 - die Diözesen Limburg, Regensburg und Dresden-Meissen gaben keine Auskunft.
Experte: Missbrauchszahlen bei Priestern unterdurchschnittlich
Die vom „Spiegel“ veröffentlichten Zahlen über kirchliche Missbrauchsfälle zeigen nach Ansicht des Kriminalpsychiaters Hans-Ludwig Kröber, dass sexueller Missbrauch bei Mitarbeitern der katholischen Kirche sehr viel seltener vorkommt als bei anderen erwachsenen Männern. Der Presseagentur Kipa sagte Kröber am Samstag, die Zahlen legten nahe, dass die Geisteshaltung, in der Priester lebten, sie weitgehend davor schütze, Täter zu werden. Kröber arbeitet als Professor für forensische Psychiatrie an der Berliner Charite und ist Mitherausgeber des Standardwerks „Handbuch der Forensischen Psychiatrie“. Nichtzölibatär lebende Männer werden laut Kröber mit einer 36 mal höheren Wahrscheinlichkeit zu Missbrauchstätern als katholische Priester. Insgesamt habe es seit 1995 in Deutschland rund 210.000 polizeilich erfasste Fälle von Kindesmissbrauch gegeben. Es bestehe die Gefahr, dass die katholische Kirche in Deutschland ähnlich wie vor einigen Jahren in den USA in einen „Selbstgeisselungs-Furor“ gerate und aus Angst vor neuem Unrecht an vermeintlichen Opfern alle Anschuldigungen ungeprüft akzeptiere. Aber auch angebliche Opfer müssten hinnehmen, dass man ihre Vorwürfe prüfe, so Kröber.
(kipa 07.02.2010 sk)







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