Nordirland-Verhandlungen: Ohne Einigung bleibt Pulverfass
Die politische Lage
in Nordirland könnte man als beständigen Konfliktherd bezeichnen. Und wenn er gerade
einmal nicht überkocht, so siedet er zumindest. In den aktuellen Nordirland-Verhandlungen
ist ein Streit um die mögliche Übergabe der Kontrolle über Polizei und Justiz in Nordirland
an die Regionalregierung in Belfast entbrannt. Die pro-irische katholische Sinn Fein
verlangt eine zügige Kontrollübergabe, die DUP nicht. Der Erzbischof von Armagh und
Vorsitzende der Irischen Bischofskonferenz, Kardinal Sean Brady, warnt gegenüber Radio
Vatikan vor einer Destabilisierung des Friedensprozesses im Land: „Wir
haben es in diesem Friedensprozess so weit gebracht. Jetzt liegt es an uns, dieses
Ergebnis nicht für selbstverständlich zu halten! Wir müssen unser Möglichstes dafür
tun, den Frieden zu erhalten. Denn er ist ständig in Gefahr, wie wir spätestens seit
den jüngsten Attentaten auf Polizeikräfte diesen Januar wissen. Eine Einigung in der
Frage des Polizei- und Justizwesens ist hier unerlässlich. Und es ist unverständlich,
dass es Politiker gibt, für die das Wohlergehen aller in unserer Gesellschaft nicht
höchste Priorität besitzt.“
Die extremistischen Gruppierungen wie die IRA,
die sich in den vergangenen Jahren immer wieder zu Mord- und Brandanschlägen bekannt
hatten, seien in Armagh immer noch immer stark präsent, so der Kardinal. Auch, wenn
sie nur eine Minderheit in der Gesellschaft ausmachten:
„Ihre Zahl wird
weiter ansteigen, wenn die Politik nicht zusammenfindet und ein klares Zeichen setzt.
Und das kann nur funktionieren, wenn wir, und vor allem die Politiker, deutlich machen,
dass uns die Einigung und der Frieden am Herzen liegen. Ein Schritt hierzu sind die
Verhandlungen und das Gespräch. Aber Reden allein reicht langfristig nicht aus! Die
Parteien müssen zu gemeinsamen Beschlüssen finden und diese zum Wohl aller auch in
die Tat umsetzten.“
Bei den Verhandlungen, die derzeit in
Belfast geführt werden, haben Großbritannien und Irland der Allparteien-Koalition
eine Frist gesetzt. Sollte es bis diesen Freitag keine Einigung im Streit um die Eigenständigkeit
Nordirlands geben, veröffentlichten Großbritannien und Irland eigene Vorschläge zur
Situation, so der britische Premierminister Gordon Brown auf einer gemeinsamen Pressekonferenz
mit dem irischen Ministerpräsidenten Brian Cowen in Belfast.