2010-01-24 10:55:37

Eritrea: Kirche in schwieriger Mission
(Quelle: Missio.de)


„Wir alle wollen wieder zurück. Es ist ein wunderbares, ein gläubiges und – ein leidendes Volk.“ Mehr wollten die 14 katholischen Missionare aus Europa und Asien, Afrika und Amerika kurz nach ihrer Ausweisung aus Eritrea nicht sagen. Denn jedes Wort zuviel könnte das kommunistisch orientierte Regime im jüngsten Staat Afrikas veranlassen, die Arbeit der Kirche noch mehr zu behindern – und dadurch die unterdrückte Bevölkerung des „Armenhauses“ nördlich des Horns von Afrika in noch größere Hoffnungslosigkeit stürzen.
Mit ihren Einschüchterungsmaßnahmen zielt die eritreische Regierung darauf ab, „die Handlungsmöglichkeiten der Kirche weiter einzuschränken, sie zu lähmen, zu isolieren und zu enteignen“, wie ein Beobachter die Strategie bewertet. Doch obwohl nur eine religiöse Minderheit, stellt sich die katholische Kirche seit der Gründung des Staates behutsam und beharrlich dem Zugriff des totalitären Regierungsapparates entgegen.
Die Bischöfe der drei Diözesen, die dem äthiopisch-orthodoxen Ge’ez-Ritus folgen, protestierten 1995 bereits gegen die „Proklamation“ über die „Religiösen Gemeinschaften und ihre sozialen Aktivitäten in Eritrea“, mit der die Regierung ihr System der absoluten Kontrolle auch auf die Kirchen ausweiten wollte. Die „Proklamation“ war „eine formale Verletzung der Rechte, die jedem eritreischen Bürger nach der Unabhängigkeit des Landes zustehen und für die alle einen hohen Preis bezahlt haben“, wie der katholische Bischof Menghesteab Tesfamariam, Eparch von Asmara, erklärt.
Unter dem Titel „God Loves This Country“ („Gott liebt dieses Land“) veröffentlichten die Bischöfe 2001 einen Pastoralbrief. Darin würdigen sie die Aufbauleistungen in ihrem jungen Staat. Zugleich fordern sie den Aufbau einer gerechten und pluralen Gesellschaft, in der die Bürger- und Menschenrechte sowie die Würde der menschlichen Person geschützt, eine ganzheitliche Entwicklung ermöglicht, soziale Gerechtigkeit für jedermann und rechtsstaatliche Grundlagen geschaffen werden.
Doch heute gehört der Machtapparat von Präsident und Regierungschef Isaias Afewerki, der Eritrea seit 1993 regiert, mehr denn je zu den weltweit führenden Unterdrückern grundlegender Menschenrechte, wie etwa dem der Religionsfreiheit. Von der eritreischen Regierung werden nur der Islam, die orthodoxe Tewahedo-Kirche sowie die lutherische und die katholische Kirche als Glaubensgemeinschaften offziell anerkannt. Allen anderen Religionsgemeinschaften wurde bisher die staatliche Anerkennung verwehrt. Ihre Versammlungshäuser werden geschlossen, Gottesdienste sogar in Privathäusern aufgelöst, Gläubige ohne Gerichtsverfahren inhaftiert. Immer mehr gelang es Afrikas einzigem Einparteienstaat, die Kontrolle auch über die seit dem vierten Jahrhundert in der Region beheimatete orthodoxe Tewahedo-Kirche zu gewinnen, der dort die Mehrheit der Christen angehört. Auf Druck der Regierung setzte sie 2005 sogar ihren regimekritischen Patriarchen, Abune Antonios, ab. Er steht seit Januar 2006 isoliert von der Außenwelt unter Hausarrest. Amnesty international (ai) betrachtet ihn als „politischen Häftling“.
Regimekritikern drohen Haft und Folter
Meinungsfreiheit und eine vernehmbare politische Opposition gibt es in Eritrea nicht. Wer sich gegen die Regierung äußert, kommt auf unbestimmte Zeit in geheime Lager. ai berichtet von Tausenden von Angehörigen nichtregistrierter Religionsgemeinschaften sowie Regierungsgegnern und Dissidenten in Isolationshaft und Folter.
In der Ende 2007 veröffentlichten „Weltrangliste der Pressefreiheit “ der Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) belegt das Land noch hinter Nordkorea den letzten Platz. Kritische Journalisten verschwinden. Eritrea ist das einzige schwarzafrikanische Land, in dem es keine freie Presse- und Medienlandschaft gibt. Selbst Texte kirchlicher Mitteilungsblätter müssen vor der Veröffentlichung durch die staatliche Zensur.
Die Ausweitung des „Nationalen Dienstes“ (eine 1994 eingeführte sechsmonatige Militärzeit mit Arbeitsdienst für alle 18- bis 40-Jährigen) auf unbestimmte Zeit im Zuge des jüngsten Waffenganges mit Äthiopien (1998 bis 2000) ist für die Kirche zu einem Problem geworden. Denn die damit einhergehende Militarisierung der Gesellschaft hat nicht nur verheerende Folgen zum Beispiel für die Wirtschaft des Landes, sondern macht sich inzwischen auch negativ in den Pfarrgemeinden bemerkbar, wo junge, gut ausgebildete Katechisten fehlen, die nicht vom „Nationalen Dienst“ zurückkehren dürfen oder die sich diesem Dienst, wie Tausende junger Leute, durch Untertauchen und Flucht ins Ausland entzogen haben.
Die Ausdehnung des „Nationalen Dienstes“ führte auch zu einer weiteren Einschränkung der Bewegungs- und Reisefreiheit in Eritrea, von der auch jüngere kirchliche Mitarbeiter betroffen sind, die zu Aufbaustudien sollen. Denn Auslandsreisen für Bürger unter 40 Jahren werden kaum noch genehmigt. Im Inland ist das Reisen stark eingeschränkt durch ein System von Passierscheinkontrollen und durch nicht karthografierte Minenfelder in verschiedenen Gebieten. Die Zahl der Minenopfer ist groß.
Der verstärkten Drohung der Regierung, auch Priester, Ordensleute und Seminaristen zum „Nationalen Dienst“ einzuziehen, halten die Bischöfe entgegen, dass die kirchlichen Mitarbeiter glaubwürdiger ihren speziellen Dienst an der Gesellschaft als Seelsorger, Lehrer und Sozialarbeiter leisten können. Die Kirche in Eritrea sieht sich, so Bischof Menghesteab Tesfamariam von Asmara, am Vorabend des 15. Jahrestages der Staatsgründung in einer „prekären Situation“. Es sei „schwierig auszuloten, welchen Ausgang die Entwicklungen nehmen werden“.
Umso mehr wünscht er sich, dass die Weltöffentlichkeit mehr Notiz nimmt von den Zuständen im „Gefängnis Eritrea“. Und er hofft auf die solidarische Unterstützung weltweit für sein wunderbares, sein gläubiges und – sein leidendes Volk.

(24.01.2010 mc)

Quelle: Missio.de - Missio Magazin 3 (2008)







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