Kardinal Kasper über Bischöfin Käßmann: „Ich bin enttäuscht“
Der Ökumene-Verantwortliche
des Vatikans, Kardinal Walter Kasper, ärgert sich über die deutsche Bischöfin Margot
Käßmann. Die Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) hatte am
letzten Wochenende in Berlin geäußert, sie erwarte von Papst Benedikt in ökumenischer
Hinsicht „nichts“. Dem widerspricht der deutsche Kurienkardinal Kasper, der den Päpstlichen
Einheitsrat leitet, heftig: Es gebe wohl „derzeit keinen anderen Kirchenführer, der
sich so oft und so nachdrücklich für die Einheit der Christen einsetzt, wie dies Papst
Benedikt XVI. seit seiner Wahl vor fast fünf Jahren tut“. Das sagte Kasper am Freitag
in einer Stellungnahme für Radio Vatikan. „Umso unverständlicher“ sei Käßmanns Äußerung
vom letzten Wochenende. Der Kardinal wörtlich: „Ich war bisher der Meinung, dass solche
pauschalen gegenseitigen Aburteilungen endgültig der Vergangenheit angehören. Ich
habe mich getäuscht und bin enttäuscht.“ Käßmanns Papstkritik sei „zutiefst unökumenisch“
und zeuge von „ökumenischer Uninformiertheit“.
(rv 22.01.2010 ord)
Hier
dokumentieren wir den vollen Text der Erklärung von Kardinal Kasper.
Stellungnahme
bei Radio Vatikan – Deutsche Abteilung am 22. Januar 2010
„Es gibt nach
meiner Kenntnis derzeit keinen anderen Kirchenführer, der sich so oft und so nachdrücklich
für die Einheit der Christen einsetzt, wie dies Papst Benedikt XVI. seit seiner Wahl
vor fast fünf Jahren tut. Für ihn ist Ökumene keine beliebige Option; sie ist ihm
Pflicht und Herzensanliegen.
Allein in dieser Woche hat der Papst zwei Mal
für Ökumene geradezu geworben: Zuerst am letzten Sonntag beim Angelus, dann sehr ausführlich
in der Katechese bei der Generalaudienz am Mittwoch; bereits am nächsten Montag wird
er in St. Paul vor den Mauern einem großen ökumenischen Gottesdienst mit einigen hundert
Teilnehmern vorstehen ud dabei die Predigt halten. Außerdem hat er in dieser Woche
neben sehr vielen anderen Verpflichtungen eine ökumenische Delegation aus Finnland
empfangen und die Synagoge in Rom besucht. Er wird in den nächsten Wochen die lutherische
Gemeinde in Rom besuchen. Auf allen seinen Auslandsreisen sucht er ökumenische Kontakte.
Man müsste eine Stunde reden, wenn man alles aufzählen wollte.
Umso unverständlicher
ist es, wenn die Ratsvorsitzende der EKD öffentlich sagt, sie erwarte von diesem Papst
ökumenisch nichts. Ich war bisher der Meinung, dass solche pauschalen gegenseitigen
Aburteilungen endgültig der Vergangenheit angehören. Ich habe mich getäuscht und bin
enttäuscht.
Man kann mit Papstkritik in Deutschland derzeit leicht Stimmung
machen und Zustimmung erhalten. Sie ist in dieser Form jedoch unfair und ungerecht,
und sie ist zutiefst unökumenisch. Sie zeugt von ökumenischer Uninformiertheit und
zeigt, dass die internationale ökumenische Diskussion in Deutschland derzeit kaum
wahrgenommen wird. Schade für die Ökumene in Deutschland.“