2010-01-20 14:22:03

"Opfergang": Erste italienische Uraufführung des Komponisten Hans Werner Henze


RealAudioMP3 Das jüngste Werk Hans Werner Henzes, des „größten deutschen Komponisten der Gegenwart“, wie ihn die Musikszene beschreibt, ist Anfang Januar in Rom zur Uraufführung gekommen. „Opfergang“ heißt die Dramatische Sinfonie, die der Maestro nach der gleichnamigen Textvorlage Franz Werfels komponiert hat. Seinen Bezug zum Autor beschreibt der Komponist folgendermaßen:

„Ich habe eine Ausgabe der ersten Gedichte Werfels, die 1913 erschienen ist. Das sind expressionistische Gedichte. Diese Technik hat alles bisher in der Poesie Bekannte gesprengt. Im speziellen Fall des „Opfergangs“ hat mich vor allem der Wiener und Prager Slang, in dem die Verse verfasst sind, fasziniert. Werfel ist ja in Prag geboren und aufgewachsen. Er war ein Schulkamerad Franz Kafkas. Er hat das Theater und die Musik sehr geliebt. Und aus diesem Kontext heraus, finden sich im „Opfergang“ zahlreiche Anspielungen. Allein deswegen hat es sich angeboten, den Text in eine Oper einzubetten. Inhaltlich finden sich viele unterschiedliche Motive. Schon die literarische Vorlage nimmt den Menschen als solchen in all seinen Regungen in den Blick. Und diese Blickrichtung ist heute genauso aktuell wie zu Werfels Zeiten.“

Seit Jahrzehnten habe er an eine Vertonung des Textes gedacht, unterstreicht der Komponist. Das Motto des anspruchsvollen Stücks, das im römischen Auditorium durch das Orcheser der Accademia Nazionale di Santa Cecilia vor einem stark konzentrierten und sehr anerkennenden Publikum uraufgeführt wurde, sei bereits mit dem Titel vorgegeben, so Henze:

„Ich selbst bin nicht katholisch. Aber für mich, und ich glaube, so sieht das auch die Religion, bedeutet ein Opfergang, zu bezahlen für das, was man unrechtmäßig getan hat.“

Die Hauptrollen, Tenor und Bass, die im Verlauf der Oper als Hund und Mensch um die Bedeutung von Schuld und Sühne, Straftat und Bestrafung, ringen, hat Henze den beiden Sängern Ian Bostridge und John Tomlinson auf den Leib geschrieben. Darin, und auch in der Tatsache, dass mit dem „Opfergang“ erstmalig ein Stück des Maestros eine italienische Uraufführung erfahren hat, liegen weitere Besonderheiten der Weltpremiere:

„Die beiden Sänger sind genau diejenigen, die ich mir für die Hauptrollen der Uraufführung dieses Werks, wenn man so sagen möchte, vorgestellt hatte. Und Maestro Pappano hat mich mit seinem großen Einfühlungsvermögen in das Stück überwältigt. Die Intensität, mit der er sich der Musik am Klavier und als Dirigent hingibt, ist einmalig. Überaus glücklich bin ich auch darüber, dass das erste Mal eine Komposition von mir in Italien uraufgeführt wird. In dem Land, das ich liebe und in dem ich nun schon seit fünfzig Jahren lebe.“

Der 83-jährige Henze, der das Premierenpublikum mit seiner Anwesenheit aus den hinteren Reihen des Konzertsaals überraschte, nahm den ausdauernden Applaus der stehenden Konzertbesucher gerührt und ersichtlich mit großer Freude entgegen:

„Sicherlich ist es für Sie alle verständlich, dass ich in der Tat sehr bewegt bin und aufgewühlt. Es hat sich gezeigt, dass ein außerordentliches Musikstück entstanden ist. Ich darf sagen, dass ich auch ein bisschen stolz bin und zufrieden mit mir selbst.“

(rv 20.01.2010 vp)







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