Gut eine Woche nach
dem tödlichen Anschlag auf Kopten in Ägypten hoffen die Christen immer noch auf Aufklärung
der Attacke. In der oberägyptischen Stadt Nag Hamadi waren am Vorabend des koptischen
Weihnachtsfestes sieben Christen erschossen worden. Dabei entging der Bischof von
Nag Hamadi nur um wenige Minuten dem Tod. Bischof Kyrillos William von Assiut vermutet
hinter der Aggression religiöse Fanatiker. Kyrillos hält sich gerade für drei Tage
in Rom auf. Im Interview mit Radio Vatikan sagte er:
„In den Maße und an
dem Tag und dann auf diese Gruppe - meiner Meinung nach steckt etwas Religiöses dahinter.
Wenn so etwas wiederholt passiert, sollte man eine richtige Lösung dafür finden, und
dafür müssen alle zusammen arbeiten.“
In den letzten 30 Jahren habe religiöser
Fanatismus in Ägypten zugenommen, so der Bischof. Ursachen dafür seien nicht nur Armut
und Arbeitslosigkeit, sondern ein Gesellschaftssystem, in dem Christen als „Menschen
zweiter Kategorie“ angesehen würden.
„In den Schulen werden die Kinder
zum Hass erzogen und dazu, nicht mit „den Ungläubigen“ – so nennen sie die Christen
– zu reden, ihnen bei Festen nicht zu gratulieren und keine Freundschaft zu schließen.
Wir müssen die Schulprogramme überarbeiten, den Dialog und Respekt gegenüber den anderen
darin festlegen. Zweitens hört man so fanatische Predigten, in denen gegen Christen
gehetzt wird. In den Moscheen enden die Freitagsgebete oft mit Worten gegen Christen
und Juden. Und drittens die Medien: Im Fernsehen gibt es viele Kanäle mit religiösen
Sendungen und Hasspredigten, das muss man kontrollieren!“
In den katholischen
Schulen verliefe die Sozialisation freilich anders, so der Bischof. Hier werde auf
christliche Werte wie Liebe, Dialog und Respekt Wert gelegt. Nur eine Minderheit der
Bevölkerung hat aber zu diesen begehrten Bildungseinrichtungen Zugang. Der Bischof
erklärt, warum:
„Wir haben 170 private katholische Schulen in Ägypten,
die sehr gut angesehen sind. Viele Muslime senden ihre Kinder dorthin. Das ist sehr
gut für die Zukunft und wird sich sicher positiv auswirken. Aber leider können sich
das nur Leute leisten, die Geld haben. Die Mehrheit der Ägypter muss dagegen in staatliche
Schulen gehen, in denen alle Fächer islamisiert sind.Die Schüler, die da raus kommen,
haben fanatische Gedanken.“
Von offizieller Seite werde die Diskriminierung
von Christen nicht genug geahndet, klagt der Bischof. Schließlich könne es doch nicht
Aufgabe der Kirche sein, für Recht und Ordnung zu sorgen. Kyrillos:
„Die
Diskriminierung liegt auf der Hand, aber keiner macht etwas gegen diese Radikalen.
Der Zivilstaat muss doch streng sein gegen solche Leute – aber bisher existieren solche
Dinge nur auf dem Papier. Die Christen sind darüber frustriert, und die Kirche ist
für sie zur Zuflucht geworden. Das ist aber nicht richtig. Sie sollten zum Staat,
zum Gericht, zu offiziellen Behörden gehen und nicht zur Kirche. Viele Islamisten
spielen eine große Rolle in den Moscheen, es gibt bei uns eine Vermischung zwischen
Politik und Religion, obwohl wir offiziell ein ziviler Staat sind.“
Für
die Zukunft wünscht sich der Bischof „mehr Zusammenarbeit mit allen“. Damit meint
er auch mehr Zusammenarbeit mit den orthodoxen Christen Ägyptens, die im Land die
christliche Mehrheit stellen.
„Unsere orthodoxen Brüder verstehen sich
als die einzige nationale ägyptische Kirche. Sie sagen, dass alle Katholiken und Protestanten
Frucht des Proselytismus und zur Orthodoxie zurückkommen müssen. Sie versuchen immer
zu zeigen, dass die keine richtigen Ägypter sind – aber das ist nicht wahr! Wenn die
Zusammenarbeit besser wäre, wäre die Lage vielleicht anders. Wir wünschen uns für
die Zukunft mehr Zusammenarbeit, Respekt, Dialog, Liebe - mit allen. Dafür beten wir
in unseren Predigten.“
Für Schutz und Sicherheit von Kopten in Ägypten
war für diesen Samstag in Deutschland eine Demonstration koptischer Christen angesetzt.
Die rund 6.000 in Deutschland lebenden Kopten wohnen vor allem im Raum Düsseldorf
und Frankfurt. Unterstützer der Kundgebung ist die Gesellschaft für bedrohte Völker.