2010-01-13 11:33:02

Johannes Paul II. in der römischen Synagoge - Ein historisches Ereignis


RealAudioMP3 1986 – Rückblick auf einen historischen Moment: Der erste Papstbesuch in einer Synagoge, Johannes Paul II. zu Gast in der jüdischen Gemeinde von Rom. In seiner Ansprache hat das Kirchenoberhaupt eindeutige Worte gefunden: Für die große Bedeutung des jüdisch-christlichen Dialogs, für die Sensibilität, die der Dialog beiden Seiten abverlangt – und auch für die Schoa:

„Ein Wort tiefer Verabscheuung möchte ich noch einmal zum Ausdruck bringen für den während des letzten Krieges gegen das jüdische Volk beschlossenen Genozid, der zum Holocaust von Millionen unschuldiger Opfer geführt hat. Als ich am 7. Juni 1979 das Lager von Auschwitz besucht und mich zum Gebet für so viele Opfer verschiedener Nationen gesammelt hatte, verweilte ich besonders vor der Gedenktafel mit der hebräischen Inschrift, um damit meine inneren Gefühle auszudrücken: „Sie weckt das Andenken an das Volk, dessen Söhne und Töchter zur totalen Ausrottung bestimmt waren. Dieses Volk führt seinen Ursprung auf Abraham zurück, der der „Vater unseres Glaubens“ ist, wie Paulus von Tarsus sich ausdrückte. Gerade dieses Volk, das von Gott das Gebot empfing: „Du sollst nicht töten!“, hat an sich selbst in besonderem Ausmaß erfahren müssen, was töten bedeutet. An diesem Gedenkstein darf niemand gleichgültig vorbeigehen“.“
 
Im Zuge der nationalsozialistischen Rassenideologie habe auch die jüdische Gemeinde von Rom einen „hohen Blutzoll“ zahlen müssen, so der Papst:
„Und es ist sicher eine bedeutungsvolle Geste gewesen, als sich in den dunklen Jahren der Rassenverfolgung die Pforten unserer Ordenshäuser, unserer Kirchen, des Römischen Seminars, Gebäude des Heiligen Stuhles und des Vatikanstaates selbst weit geöffnet haben, um so vielen von ihren Verfolgern gehetzten Juden in Rom Zuflucht und Rettung zu bieten.“
Die guten Beziehungen zwischen den beiden Religionsgemeinschaften müssten durch den jüdisch-katholischen Dialog beständig gefestigt werden. In diesem Licht sei, wie der Papst betonte, sein Synagogenbesuch zu sehen. Die Basis für den Dialog stelle die Konzilserklärung „Nostra aetate“ zum Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen dar:
„Auf diesen Überzeugungen ruhen unsere gegenwärtigen Beziehungen. Anlässlich dieses Besuches in eurer Synagoge möchte ich sie in ihrem bleibenden Wert neu bekräftigen und herausstellen. Das ist in der Tat die Bedeutung, die man meinem Besuch bei euch, den Juden von Rom, beimessen muss. Natürlich bin ich nicht deswegen zu euch gekommen, weil die Unterschiede zwischen uns schon überwunden wären. Wir wissen gut, dass es nicht so ist. Jede unserer Religionen will im vollen Bewusstsein der vielen Bande, die die eine mit der anderen verbinden, und an erster Stelle jenes „Bandes“, von dem das Konzil spricht, vor allem in der eigenen Identität anerkannt und geachtet sein, ohne jeden Synkretismus und jede zweideutige Vereinnahmung.“
Und Johannes Paul II. verdeutlichte weiter:
„Niemandem entgeht, dass der anfängliche grundsätzliche Unterschied in der Zustimmung der Katholiken zur Person und zur Lehre Jesu von Nazaret besteht, der ein Sohn eures Volkes ist, aus dem auch die Jungfrau Maria, die Apostel — Fundament und Säulen der Kirche — und die Mehrzahl der Gläubigen der ersten christlichen Gemeinde stammen. Aber diese Zustimmung gehört dem Bereich des Glaubens an, das heißt der freien Zustimmung der Vernunft und des Herzens, die vom Geist geleitet werden. Sie darf niemals in dem einen oder anderen Sinn zum Gegenstand von äußerem Druck werden. Das ist der Grund dafür, worum wir bereit sind, den Dialog unter uns in Loyalität und Freundschaft sowie in der Achtung vor den inneren Überzeugungen der einen und der anderen zu vertiefen, indem wir die Elemente der Offenbarung, die wir als „großes geistiges Erbe“ gemeinsam haben, als wesentliche Grundlage nehmen.“
Diese große Gemeinsamkeit müsse auch in eine fruchtbare Zusammenarbeit für gesellschaftliche Belange münden, so der Papst:
„Es gibt noch allgemeiner das moralische Problem, das große Feld der individuellen und sozialen Ethik. Wir sind uns alle dessen bewusst, wie groß in diesem Punkt die Krise in unserer heutigen Zeit ist. In einer Gesellschaft, die sich oft in Agnostizismus und Individualismus verirrt hat und die bitteren Folgen von Egoismus und Gewalttätigkeit erleidet, sind Juden und Christen Verwalter und Zeugen einer Ethik, die von den Zehn Geboten gekennzeichnet ist, in deren Befolgung der Mensch seine Wahrheit und Freiheit findet. Eine gemeinsame Besinnung und Zusammenarbeit in diesem Bereich zu fördern ist eines der großen Gebote der Stunde.“
Und mit den Worten des Psalmisten, der Gott dafür dankt, dass seine Huld ewig währt, schloss Papst Johannes Paul II. seine Ansprache in hebräischer Sprache:
„Hodû laAdonai ki tob ki le olam hasdo yomar-na Yisrael ki le olam hasdo yomeru-na yir’è Adonai ki le olam hasdô.“
(rv 13.01.2010 vp)







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