2010-01-12 14:25:09

Malaysia: „Stimmung verschlechtert sich“


Die jüngsten Anschläge auf christliche Kirchen in Malaysia und auf den Philippinen trüben das Bild des sonst friedlichen Zusammenlebens von Christen und Muslimen in Südostasien. Die Stimmung zwischen den beiden Religionsgruppen habe sich in Malaysia in der letzten Zeit verschlechtert, meint der Steyler Missionar Pater Georg Kirchberger im Interview mit dem Kölner Domradio. Hintergrund der Anschläge auf christliche Kirchen in Malaysia ist wahrscheinlich der Streit um die Begriffsverwendung „Allah“ durch Christen. Ein Gericht in Kuala Lumpur hatte den Christen vor kurzem erlaubt, das Wort „Allah“ für Gott zu verwenden. Pater Kirchberger:

„Im Grunde ist Allah das arabische Wort für Gott. Und auch in Indonesien gebrauchen wir in der Nationalsprache Allah für Gott. Nun gibt es aber ein paar muslimische Gruppen, die sagen: Allah ist das Wort für Gott im Koran, das ist der Name für den muslimischen Gott - und die anderen dürfen ihn nicht gebrauchen. Es haben sich größere militante Gruppen gebildet, wie man ja an manchen Bombenanschlägen sehen kann. Die Stimmung hat sich verschlechtert, und es ist emotionaler geprägt. Auch in Indonesien sind wiederholt Kirchen angezündet worden, und der Bau von Kirchen wird sehr erschwert.“

Vor dem für Christen günstigen Gerichtsbeschluss hatte die Regierung Christen die Verwendung des Wortes untersagt. Dahinter stehe der Plan, die Christen langfristig zum Islam zu bekehren, so die Einschätzung von Erzbischof Robert Sarah, dem Sekretär der vatikanischen Missionskongregation. Für Pater Lawrence Andrew, den Direktor der katholischen Zeitung „The Herald“, käme das „Allah“-Verbot für Christen der Verleugnung einer ganzen Kultur gleich. Andrew hat sich im „Allah“-Streit vehement für die christliche Position eingesetzt.

„Wir haben diese Bezeichnung lange Zeit benutzt: Das erste Wörterbuch in Malaiisch und Latein wurde 1631 gedruckt. Die Kirche war auf dem malaiischen Archipel schon präsent und begann, die eigene Sprache weiter zu entwickeln. Es geht hier um eine ganze Kultur, eine Ausdrucksform, die wir weiter nutzen sollten. Warum damit aufhören? Wenn eine Kultur verleugnet und abgelehnt wird, müssen wir ganz sicher Position beziehen! Und nicht nur die Kirche, denn es geht um die Identität aller Bürger, die keine Moslems sind. Sie müssen eine eigene Ausdrucksform und Meinungsfreiheit haben. Wir repräsentieren also in gewisser Weise alle nicht-muslimischen Bürger.“

Nach Ansicht des in Indonesien lebenden Paters Kirchberger könnten sich die Konflikte nun auch auf andere Länder in der Region ausweiten.

„Die Beziehung zwischen Muslimen und Christen in Indonesien ist recht gut, aber es haben sich in letzter Zeit größere Spannungen aufgebaut. Und da passiert es dann leicht, wenn irgendwo so ein Konflikt hochkommt, dass die Menschen denken, es müsse bei ihnen auch wichtig sein. Vor allen Dingen: Indonesien ist das Land mit den meisten Muslimen, über 200 Millionen Muslime leben hier. Und die stehen immer ein bisschen unter dem Druck der muslimischen Welt, besser aufpassen zu müssen, dass der Islam hochgehalten wird. Da können solche Konflikte sehr leicht überschwappen.“

Gut neun Prozent der 28 Millionen Malaysier sind chinesisch- und indischstämmige Christen. 60 Prozent der Bevölkerung, mehrheitlich ethnische Malaien, sind dagegen Muslime. Eine politische Lösung für das Problem hält Pater Kirchberger nicht für realistisch: Um weiteren Konflikten vorzubeugen, sei vielmehr interreligiöser Dialog hilfreich. Das bestätigten etwa die guten Kontakte der indonesischen Religionsführer untereinander.

„Was in Indonesien bisher gut war, ist, dass die Leitungsgremien der verschiedenen Religionen - die katholische Bischofskonferenz, der Ökumenische Rat der Kirchen, verschiedene große muslimische Organisationen - sich regelmäßig treffen. Man kennt sich dann, man ist im Gespräch. Wenn Konflikte aufkamen, konnten sie gelegentlich schon gelöst oder zumindest gemildert werden, weil es diese Treffen gab. Dieses Miteinander-Reden und in normalen Situationen Vertrauen aufbauen - das ist die beste Lösung, um Konflikte entweder nicht aufkommen zu lassen. Oder, wenn sie da sind, zu entschärfen. Leicht ist es aber nie...“

Nach dem Protest konservativer islamischer Politiker und islamistischer Organisationen hat die Regierung in Kuala Lumpur nun Berufung gegen das für Christen positive Gerichtsurteil eingelegt. Die Christen setzen unterdessen auf Dialog. Die Kirche verstehe sich als eine „Kraft des Friedens“ im Land und werde „nicht auf Provokationen reagieren“, so der Erzbischof von Kuala Lumpur, Murphy Pakiam, in einer Stellungnahme. Die Sicherheitsvorkehrungen für die christlichen Kirchen des Landes wurden unterdessen verschärft; so fanden die Sonntagsgottesdienste zum Beispiel unter Polizeischutz statt.

(12.01.2010 pr)







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