Über 5.000 Katholiken
haben zu Jahresbeginn an der Beerdigung des papsttreuen Bischofs Leo Yao Liang teilgenommen.
Und das, obwohl sie durch Reisebeschränkungen und Temperaturen um Minus 30 Grad sehr
stark eingeschränkt waren. Die so genannte Untergrundkirche in China ist der Teil
der katholischen Kirche des Landes, der nicht registriert und damit staatlich nicht
anerkannt ist. Was die überaus starke Anteilnahme am Tod des romtreuen Bischofs vor
diesem Hintergrund bedeutet, haben wir Michael Bauer, der katholischer Pfarrer in
Shanghai ist, gefragt: „Ich denke, die Christen haben ganz genau gespürt, dass
hier mit Leo Yao Liang ein Christ, ein Priester, ein Bischof gestorben ist, der wirklich
das gelebt hat, was christlicher Glaube bedeutet - der nicht nur mit Worten seinen
Glauben bezeugt hat, sondern ganz authentisch durch sein Leben gezeigt hat, was es
bedeutet, Christ zu sein und Christus nachzufolgen. Wir dürfen wirklich sagen, dass
einige Jahrzehnte seines Lebens ein Kreuzweg waren. Er hat uns gezeigt, dass der Glaube
in dieser Situation Kraft schenken kann. Er ist dem Glauben bis in den Tod treu geblieben,
und die Menschen haben erkannt, dass hier ein wahrer Zeuge Jesu Christi vor ihnen
stand.“ Wegen der Weigerung, der regimenahen Patriotischen Vereinigung beizutreten,
war Yao von 2006 bis 2009 in Haft. Bis zuletzt stand er unter Polizeiaufsicht und
durfte seine Pfarrei nicht verlassen. Derzeit gibt es in China insgesamt 94 katholische
Bischöfe, von denen 38 der so genannten Untergrundkirche angehören. Auch die Beerdigung
Bischof Yaos hätten die Behörden mit Sorge betrachtet, berichtet Pfarrer Bauer: „Ich
denke, die Behörden wollten eher verhindern, dass es zu große Menschenaufkommen gibt.
Weil sie eventuell befürchtet haben, dass so etwas ausufern kann bis hin zu Demonstrationen.
Das sind natürlich unbegründete Ängste... Aber diesen Hintergrund sehe ich, dass man
alles eher auf kleiner Flamme halten wollte.“ Im Juni 2007 hatte sich Papst
Benedikt XVI. in einem offenen Brief an die Katholiken Chinas gewandt und uneingeschränkte
Religionsfreiheit gefordert. Ebenso hatte er sich gegen staatliche Einmischung in
kirchliche Angelegenheiten ausgesprochen. Diese Initiative, meint der Seelsorger,
wirkt bis heute nach. „Ich würde die Situation so einschätzen, dass wir im Moment
in einer gewissen Übergangsphase sind. Der Brief unseres Heiligen Vaters hat eine
neue Etappe dargestellt; aber die Lösung, wie diese neue Etappe konkret aussehen kann,
ist noch nicht deutlich und klar. Es zeigt aber, dass die Versöhnung beider Teile
der Kirche, der offiziellen Kirche und der so genannten Untergrundkirche, weiter der
Weg ist. Dieser Weg muss weiter gegangen werden! Auch wenn sich derzeit noch nicht
herausgestellt hat, wie ein Abkommen mit dem chinesischen Staat aussehen kann. Wobei
sich beide Seiten bewusst sind, dass es an der Zeit ist, eine Vereinbarung zu finden.“ Einige
positive Resultate hätten sich bereits in jüngster Vergangenheit bemerkbar gemacht: „Wenn
wir auf das Jahr 2009, das gerade vergangen ist, zurückschauen, können wir sagen,
dass es keine offenen größeren Konfrontationen gegeben hat. Es zeigt sich auch, dass
die chinesische Regierung bei der Ernennung von Bischöfen nichts mit Gewalt erzwingen
will. Weiter hat es auch einige Kontakte und Annäherungsversuche gegeben, wenn auch
nicht auf höchster Ebene. Das alles zeigt, dass im Moment der große Durchbruch noch
nicht zu erwarten ist, man aber weiter auf den Dialog setzt. Das lässt hoffen - auch
wenn es gleichzeitig dafür spricht, dass noch viel Geduld und Zeit nötig sind, um
eine Lösung zu finden.“ Immer wieder wird diese Geduld allerdings auf eine
harte Probe gestellt: Wie die Nachrichtenagentur „asianews“ an diesem Montag berichtet,
sind während der Weihnachtstage und im Rahmen der Feierlichkeiten zur Erscheinung
des Herrn am 6. Januar 55 protestantische Christen von der chinesischen Regierung
verhaftet worden. Die Festnahmen hätten in den Provinzen Xinjiang und Hebei stattgefunden
und stünden im Zeichen der antichristlichen Unterdrückung durch staatliche Behörden,
so „asianews“. (rv 11.01.2010 vp)