Die Katholiken fürchten
eine neue Welle der Gewalt gegen Priester in Ho Chi Minh-Stadt. In einer von allen
Staatsmedien verbreiteten öffentlichen Erklärung hat das Volkskomitee die dort ansässige
Gemeinschaft der Redemptoristenpatres angegriffen und ihnen unterstellt, „die Politik
der Partei und die Gesetze der Nation“ zu unterminieren. Der Asienreferent der Internationalen
Gesellschaft für Menschenrechte, Vu Quoc Dung, erläutert gegenüber Radio Vatikan den
Hintergrund für die Vorwürfe:
“Es geht in dem Mahnschreiben des Volkskomitees
um die Massenveranstaltungen in der Kirche und die Internetpräsenz der Redemptoristenpatres.
Sie will die Patres mit dem Verleumdungsvorwurf kriminalisieren. Die Regierung will
nicht, dass die Redemptoristen die Wahrheit gegen die Missstände im Land aussprechen.
Sie sollten aber gegen menschenverachtende Praktiken protestieren dürfen - das ist
ihr Recht!“
Anliegen der Redemptoristen seien etwa der Schutz des ungeborenen
Lebens oder größere Rechtssicherheit für die Bürger in Vietnam, so Vu Quoc Dung. Aber
nicht nur in Ho Chi Minh City, sondern auch in Hanoi hätten die Redemptoristenpatres
unter den Aggressionen der Regierung zu leiden. Seit ihrem Protest gegen die Beschlagnahmung
ihres Grundstückes in der Hauptstadt, der 2008 viele tausend Anhänger gefunden hatte,
seien sie der Regierung ein Dorn im Auge:
„So gesehen sind die Redemptoristen
von Ho Chi Minh Stadt ein Teil von diesem Problem. Ihre Kirche ist dort zu einem Gebetsort
nicht nur für katholische Themen, sondern auch gegen das Unrecht im allgemeinen geworden.
Die Gottesdienste dort sind gut besucht; Veranstaltungen mit ein paar tausend Leuten
sind nicht selten. Das gilt auch für spontane Veranstaltungen der Redemptoristen zu
anderen Themen, wie der Bürgerbewegung, der Zerstörung der Umwelt und so weiter.“
Und
genau dieses Engagement fürchtete die vietnamesische Regierung, so der Länderexperte.
Deswegen habe sie auch die Worte Papst Benedikts, „Ein guter Katholik ist auch ein
guter Bürger“, die er anlässlich ihres Ad Limina-Besuchs an die vietnamesischen Bischöfe
gerichtet hatte, absichtlich missverstanden. Und zwar nicht zum ersten Mal:
„Das
Volkskomitee hat versucht, über das Zitat des Papstes die Redemptoristen an ihre Bürgerpflicht
zu erinnern. Sie sollen sich nicht gegen den Staat auflehnen. Aber ich glaube, die
Katholiken in Vietnam wissen, dass der Papst auch gesagt hat, dass sie das Gewissen
der Regierung wecken sollen.“
Das Verhältnis zwischen Staat und Kirche
sei grundsätzlich und traditionell konfliktreich, wie Vu Quoc Dung beschreibt:
„Der
Kirche wird unterstellt, dass sie sich dem Staat nicht hundertprozentig unterworfen
hat. Die regierende kommunistische Partei erinnert sich gerne daran, dass die Kirche
in Vietnam in der Vergangenheit eine anti-kommunistische Politik verfolgt hatte. Daher
wird heute jede Kritik am Handeln des Staates gerne politisch gewertet. So kritisiert
die Kirche, dass es keine echte Religionsfreiheit gibt; es gibt nur eine Bitten-Gewähren-Beziehung.
Die Kirche muss jede Kleinigkeit beantragen und wird bei jeder kleinen Abweichung
zur Rechenschaft gezogen.“
Beispielsweise sei der Erzbischof von Hanoi,
der diese Abhängigkeit kritisiert habe, zur Persona non grata erklärt worden. Großes
Konfliktpotential entstehe immer wieder auch dadurch, dass circa 2000 Gebäude, die
in 50 Jahren Kommunismus enteignet worden seien, der Kirche immer noch nicht zurückgegeben
wurden. Dieses Konfliktpotential hat für den Menschenrechtler nun neue Nahrung erhalten:
„Die
Regierung wird alles versuchen, um die Katholiken einzuschüchtern, auch mit unlauteren
Methoden, und sie wird keine weiteren Zugeständnisse machen. Man wird die Redemptoristen
in ihrer Arbeit behindern und in ihrer Bewegungsfreiheit einschränken.“