2010-01-01 13:54:47

D: Kirche bremst Flughafenausbau München – „Ängste ernst nehmen“


RealAudioMP3 Wird die katholische Kirche im Erzbistum München und Freising zum Zünglein an der Waage, was den Ausbau des Münchner Flughafens betrifft? Das hoffen zumindest die Gegner der Flughafenerweiterung, darunter auch viele Katholiken aus den betroffenen Kirchengemeinden. Anfang Dezember teilte das Erzbistum mit, es verkaufe keine Grundstücke, die im Bereich der geplanten 3. Startbahn liegen. Bei einer Konferenz Anfang Januar will das Bistum jetzt das weitere Vorgehen mit den Pfarrern und Kirchenpflegern der betroffenen Kirchenstiftungen abstimmen.

Noch kurz vor Weihnachten hatten sich rund 500 Aktivisten und Gläubige zu einem neuerlichen Protestmarsch aufgemacht. Mit Lichtern zogen sie in Freising von der evangelischen Epiphanias- zur katholischen Lambertus-Gemeinde. Dieses Mal schienen sie ein bisschen optimistischer als sonst, meint dieser Freisinger Startbahngegner:

„Wir haben uns bisher die letzten Jahre etwas vernachlässigt gefühlt, im Vergleich zu den Evangelischen, die schon seit drei Jahren Farbe bekennen und Ross und Reiter nennen, wie ich immer sage. Jetzt seit dem Frühjahr ist das auch bei uns so. Und auch der Herr Erzbischof. Als das bei uns anfing vor einem Jahr waren wir bei ihm und haben mit ihm gesprochen und da merkten wir, der hört uns, er nimmt unsere Sorgen ernst. Und einer davon, der Herr Franzl, hat zum Beispiel geäußert: Ich verspreche Ihnen, wir von der Erzdiözese, wir werden Sand ins Getriebe der Planungen für die dritte Startbahn bringen und das hat uns damals schon begeistert.“

Die Entscheidung des Erzbistums keine Grundstücke im Startbahnbereich zu verkaufen bestärkt die Aktivisten. „Ich kann die existenzielle Sorge der Betroffenen verstehen“, hatte Erzbischof Reinhard Marx in einem Brief an die Priester der betroffenen Dekanate geschrieben. Das Bistum nehme die Ängste der Menschen ernst, sagt auch Pressesprecher Bernhard Kellner:

„Es sind Ängste um Grund und Boden, Ängste darum, in Ruhe den Gottesdienst feiern zu können, Beerdigungen noch vernünftig feiern zu können, wenn da Flugzeuge drüber donnern.

Sollte die dritte Startbahn gebaut werden, würden die Jets ab 2011 etwa das Dörfchen Attaching in nur 70 Metern Höhe überfliegen – und das hunderte Male am Tag. Eine Anwohnerin ist empört:

„Also ich finde es menschenverachtend, eine Sache einzurichten, die unserer Meinung nach nicht notwendig ist, weil der Flughafen ausbaufähig ist. Es werden Menschen aus Attaching wegziehen müssen. Wir leiden alle unter dem Lärm und nach dem neuesten Lärmgutachten hat das ja schlimme Folgen. Und daher ist es eigentlich nicht zu akzeptieren – überhaupt nicht.“ 
Die Münchner Flughafengesellschaft verweist auf das wirtschaftliche Potenzial, das in der geplanten dritten Piste steckt. Anwohner fürchten noch mehr Lärm und Umweltverschmutzung. Das Bistum wolle deshalb die Verantwortlichen in Wirtschaft und Politik zum Nachdenken bringen und darauf pochen, mit Bedacht vorzugehen, sagt Bistumssprecher Kellner. Als kirchliches Votum gegen die Startbahn sei das aber nicht zu verstehen:

„Wir haben uns nicht für oder gegen die dritte Startbahn am Münchner Flughafen positioniert, sondern, wir haben das Votum unserer Kirchenstiftungen vor Ort Ernst genommen, die nicht verkaufen wollen.“
 
Die verschiedenen Kaufanfragen der Flughafengesellschaft München an die einzelnen Pfarreien wolle das Erzbistum jetzt gebündelt beantworten - und zwar negativ, erklärt Kellner:

„Wir werden sagen, dass wir nicht verkaufen, sondern uns in das Verfahren einordnen. Das ist ein rechtlicher Prozess, das Verfahren wird jetzt beginnen und wir werden uns einreihen und dafür Sorge tragen, dass die Sorgen und Nöte der Menschen, die wir kennen, weil wir uns vorher ein Bild gemacht haben, gehört werden.“ 
Damit droht den Kirchenstiftungen die Enteignung durch den Staat – das gab’s im katholischen Bayern schon seit Napoleons Zeiten nicht mehr. Andererseits ist die Kirche bei weitem nicht der einzige verkaufsunwillige Grundstückseigentümer. Je mehr es sind, desto höher die Klagechancen vor Gericht. Das „Nein“ der Kirche zum Verkauf könnte also den Baubeginn merklich verzögern. Starbahngegner hoffen, das Projekt werde dann wegen steigender Kerosinpreise vielleicht überflüssig. Ihre Forderung:

„Jetzt ist es allerhöchste Zeit, dass dem konkrete Entscheidungen folgen, sonst werden wir als Christen in unserem Anliegen, die Schöpfung zu bewahren, unglaubwürdig.“

(rv 1.1.2010 ad/bs)







All the contents on this site are copyrighted ©.