Indonesien: Panikmache darf Dialog nicht zerstören
Wie die indonesische
Polizei erst jetzt mitteilt, hat eine Gruppe unbekannter Angreifer bereits Anfang
Dezember auf Java eine evangelische Hauskirche zerstört. Auf der Insel Java kommt
es immer wieder zu Aggressionen militanter Moslems gegen Christen. Zuletzt randalierte
eine Gruppe von rund tausend Moslems in einer noch nicht fertig gebauten katholischen
Kirche. Die Länderexpertin Marianne Klute von der Menschenrechtsorganisation „watch
indonesia“, die bis zum Dienstag selbst auf Java gewesen ist, beschreibt Radio Vatikan
ihre Eindrücke: „Es sind mehrere Vorfälle zu verzeichnen. Anfang
Dezember und sogar auch in den Weihnachtsfeiertagen sind mehrere Kirchen angegriffen
worden, nämlich in der Nähe der Hauptstadt Jakarta. Vermuten kann man schon, dass
bestimmte politische Interessen dahinterstecken, die sich dann in einem Machtkampf
äußern, der die entsprechenden Differenzen in der Gesellschaft ausnutzt und provoziert,
um Unruhe zu stiften. Es könnten zum Beispiel Feinde des amtierenden Präsidenten dahinterstecken;
es könnten auch militärische Kreise dahinterstecken... Aber das sind nur Vermutungen."
Den Hintergrund für die erneuten Ausschreitungen stelle gesellschaftliche
Intoleranz dar, so Klute:
„Man kann vielleicht sagen, dass die indonesische
Gesellschaft, viele indonesische Menschen, sehr leicht aufzuhetzen und vielleicht
auch zu manipulieren sind. Und dass die Angst vor anderen Religionen geschürt wird.
Das ist auch die Aussage von Kirchenkreisen, zu denen ich Kontakt habe. Diese sagen:
Die Hauptursache für die jetzigen Angriffe auf Kirchen ist eher in Tendenzen von Veränderung
der demographischen Verhältnisse zu sehen, also in der Urbanisierung. Es ziehen Menschen
von christlichen Gebieten in die Hauptstadt und siedeln sich im Umkreis an - das ruft
dann Angst hervor. Umgekehrt ziehen sehr viele Muslime in christliche Gebiete. Das
ist etwas, was in Indonesien noch nicht erledigt ist: Die gesellschaftliche Toleranz
gegenüber Minoritäten."
Scheinbar haben die Aggressionen von Moslems gegen
Christen in Indonesien, dem bevölkerungsreichsten islamischen Staat der Welt, generell
zugenommen. Doch ist das wirklich so? Marianne Klute warnt vor Panikmache und sieht
vielmehr - dank kirchlicher und staatlicher Bemühungen - eine rückläufige Tendenz:
„Die
Anstrengungen des interreligiösen Dialoges haben Früchte getragen, und ich würde eher
vermuten, dass das hier Einzelfälle sind. Noch nicht einmal besonders erfolgreiche
Einzelfälle! Und aus den Diskussionen mit Partnern aus der katholischen Kirche ist
mir klar, dass die Polizei gerade bei den Ereignissen um die Weihnachtszeit sehr wohl
eingegriffen und verhindert hat, dass die Kirchen abgebrannt worden sind."