2009-12-26 13:24:04

Brummifahrer als Weihnachtsgast


RealAudioMP3 Weihnachten auf der Autobahn – das ist keine besonders feierliche Vorstellung, doch für viele LKW-Fahrer triste Realität. Die katholische Pfarrgemeinde St. Joseph im württembergischen Öhringen liegt unmittelbar an der A 6 und hat es sich zur Aufgabe gemacht, zum Weihnachtsfest in diesem Jahr einen ganz besonderen Dienst anzubieten: eine Weihnachtsfeier für Trucker mit Glühwein und gutem Essen, etwas Weihnachtsmusik und vor allem einem offenen Ohr. Pfarrer Klaus Kempter erklärt, wie es zur Aktion gekommen ist:

„Viele Gemeinden haben ja an Weihnachten den Blick auf Menschen gerichtet, die allein oder einsam sind. Und da wir in unserer Gemeinde einen Trucker haben, der selber Lastwagen fährt, hat der die Idee gehabt, diese Personengruppe in den Blick zu nehmen. Und es freut mich, dass über zehn Personen unserer Einladung gefolgt sind. Und vielleicht haben sie so ganz unbewusst und auch, wenn sie selber nicht gläubig sind oder einer anderen Religionsgemeinschaft angehören, etwas von unserem Weihnachtsfest erleben dürfen.“

Klaus Hohl ist derjenige, der den Vorschlag gemacht hat. Er kennt den harten Weihnachtsalltag als Brummifahrer und musste nicht lange überlegen, ob sich der Aufwand für seine Kollegen lohnt:

„Ich denke, das ist ja auch eine Art Gottesdienst. Indem man seinen Mitmenschen dient und somit auch Gott dienen kann. Und indem man auch mal auf den Menschen schaut, der in einem LKW drinnen sitz. Das können durchaus sehr einsame Menschen sein, teilweise ohne Familie oder mit zerbrochener Ehe, gerade weil sie soviel unterwegs sein müssen. Und ich glaube, dass das eine Möglichkeit für uns ist, auf die Fahrer zuzugehen.“

Und wie wirkt die Aktion auf die Fahrer selbst? Ein Trucker aus Ungarn, der seine Familie, besonders seine Kinder an Weihnachten vermisst:

„Für mich war das eine ganz besondere Weihnachtsstunde mit meinen Fahrerkollegen zusammen. Die Atmosphäre hat mich berührt, ich habe mich sehr herzlich aufgenommen gefühlt.“

Und sein älterer Kollege aus Estland, der sich schon sehr auf seinen Ruhestand freut:

„Ich möchte mich sehr bedanken. Für die Gastfreundschaft und vor allem die guten Gespräche. Jetzt kann ich gestärkt die nächsten tage verbringen, wo meine Reise noch ein ganzes Stück weiter geht.“

Bei der Aktion geholfen haben zahlreiche Ehrenamtliche aus der Gemeinde. Auch sie haben die Begegnung als Bereicherung erfahren, Maria Misamer zum Beispiel:

„Das hat mich schon sehr interessiert, wie es den Leuten an Weihnachten geht, die über Tage an der Autobahn stehen müssen. Und ich hatte das Gefühl, dass es ihnen gut getan hat, zu reden und sich mit den Kollegen auszutauschen, vor allem mal ganz wo anders als auf der kalten Raststätte.“

Wolfgang Schilling hat auch freiwillig geholfen. Er hat die Trucker auf zwei Hohenloher Raststätten aufgelesen. Sein Fazit:

„Die Trucker waren alle in ihren Kabinen. Die Vorhänge waren verschlossen. Und zu Beginn war es sehr schwierig, sie zu motivieren. Als dann aber der erste zugesagt hat, haben andere sich ihm angeschlossen. Ich persönlich habe durch die Aktion viel neues gelernt und neue Erfahrungen gesammelt und kann anderen Gruppen nur wärmstens empfehlen, Ähnliches durchzuführen.“

 
(rv 26.12.2009 vp)








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