Weihnachtspredigt: Demut und Gottsuche statt Egoismus und Streit
Mit rund 10.000 Gläubigen
hat Papst Benedikt in der Heiligen Nacht die Mitternachtsmesse im Petersdom gefeiert.
In seiner Predigt warnte er vor Egoismus und Abschottung. Streit und Unversöhnlichkeit
in der Welt kämen daher, „dass wir eingeschlossen sind in die eigenen Interessen und
Meinungen“, sagte der Papst und rief die Menschen dazu auf, auf Gewalt zu Verzichten
und sich stärker auf Gott und die Mitmenschen einzulassen.
Man solle Gott wieder
höhere Priorität im eigenen Leben einräumen, mahnte der Papst. Dabei ging er in seiner
Predigt vom Vorbild der Hirten aus:
„Euch ist der Heiland geboren: Was
der Engel den Hirten verkündete, ruft uns Gott durch das Evangelium und durch seine
Boten jetzt zu. Dies ist eine Nachricht, die uns nicht gleichgültig lassen kann. Wenn
sie wahr ist, ist alles anders. Wenn sie wahr ist, betrifft sie auch mich. Dann muss
auch ich wie die Hirten sagen: Auf, ich will hingehen nach Bethlehem und das Wort
sehen, das da geschehen ist.“ Die Erregung, mit der die Hirten zur Krippe
aufbrachen, solle auch uns Menschen ergreifen. Die Eile der Hirten solle uns anstecken,
denn Gott verdiene keinen Aufschub.
„Gott ist wichtig, das Wichtigste in
unserem Leben überhaupt. Diese Priorität lehren uns die Hirten. Von ihnen wollen wir
lernen, uns von all den bedrängenden Dingen des Alltags nicht erdrücken zu lassen.
Von ihnen wollen wir die innere Freiheit lernen, anderes noch so Wichtiges zurückzustellen,
um uns aufzumachen zu Gott, ihn einzulassen in unser Leben und in unsere Zeit. Zeit,
die wir für Gott und von ihm her für den Nächsten verwenden, ist nie verlorene Zeit.
Es ist die Zeit, in der wir eigentlich leben, in der wir das Menschsein selbst leben.“ Diese
Zeit sei auch eine Zeit der Wachsamkeit, so der Papst. Wachwerden bedeute, Heraustreten
aus der Sonderwelt des Ich in die gemeinsame Wirklichkeit. Diese Wahrheit eine die
Menschen – gegen alle Konflikte unserer Zeit.
„Der Egoismus, der Gruppenegoismus
wie der Egoismus des einzelnen hält uns in unseren Interessen und Wünschen gefangen,
die gegen die Wahrheit stehen und uns voneinander trennen. Wacht auf – sagt uns das
Evangelium. Tretet heraus in die gemeinsame große Wahrheit, in die Gemeinsamkeit des
einen Gottes.“
Manche Menschen meinten, „religiös unmusikalisch“ zu sein,
so Papst Benedikt. Die Sehnsucht nach Gott in unserem Leben aber bleibe bestehen,
obwohl der heutige Denkstil dazu neige, den Sinn für Gott abzustumpfen. Benedikt:
„Und
doch ist in jeder Seele verborgen oder offen das Warten auf Gott da, die Fähigkeit,
ihm zu begegnen. Um diese Wachheit, dieses Erwachen für das Eigentliche wollen wir
beten, für uns selbst und für die anderen, für die scheinbar „Unmusikalischen“, in
denen doch die Sehnsucht lebt, Gott möge sich zeigen.“ Das Zeichen, das Gott
den Hirten wie den Menschen heute zu Weihnachten gebe, sei kein aufregendes Wunder,
erklärte der Papst. „Das Zeichen Gottes ist, dass er sich klein macht. Dass er zum
Kind wird.“
„Wie sehr würden wir Menschen ein anderes, mächtiges und unwidersprechliches
Zeichen der Macht Gottes und seiner Größe wünschen. Aber sein Zeichen lädt uns zum
Glauben und zur Liebe ein und gibt uns darum Hoffnung: So ist Gott. Er hat die Macht,
und er ist die Güte. Er lädt uns ein, ihm ähnlich zu werden. Ja, wir werden Gott ähnlich,
wenn wir uns von diesem Zeichen formen lassen. Wenn wir selbst die Demut und so die
wahre Größe lernen. Wenn wir der Gewalt entsagen und nur die Waffen der Wahrheit und
der Liebe benützen.“ (rv 25.12.2009 vp)