2009-12-25 16:26:22

Deutschen Bischöfe: Mehr Solidarität - weniger Leistungsdruck


RealAudioMP3 Mehr Solidarität und weniger Leistungsorientierung – dieser Aufruf stand im Mittelpunkt vieler Weihnachtspredigten der deutschen Bischöfe. Weihnachten solle nach Ansicht der Bischöfe Ansporn sein, sich für Benachteiligte einzusetzen und darüber nachzudenken, was wirklich wichtig ist im Leben. Ein weiteres Thema vieler Predigten: der gesellschaftliche Stimmungswandel und Mutlosigkeit in der aktuellen Wirtschafts- und Klimakrise.

Für mehr Integration der Schwachen in die Gesellschaft hat sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, ausgesprochen. „Wir leben in einer Gesellschaft die schon für Kinder ungeheuren Druck aufbaut“, sagte Zollitsch in seiner Weihnachtspredigt im Freiburger Münster. Von diesem allgegenwärtigen Leistungsdruck befreie das Weihnachtsfest. Es mache sichtbar, dass der Wert eines Menschen nicht aus seiner Leistung resultiere, sondern in seiner Existenz begründet sei. Gott werde Mensch und zeige so, was „unsere allererste und ureigenste Aufgabe ist“. Wörtlich sagte Zollitsch: „Zu lieben, füreinander da zu sein! Ohne Hintergedanken und Vorbedingung – ohne Profit und Vorteil.“ Der Erzbischof warnte vor den Konsequenzen einer allein an der Leistung orientierten Wertschätzung des Menschen. „Wir hätten dann keinen Platz mehr für alte und schwache Menschen, die nicht mehr produktiv werden können; wir hätten keinen Blick mehr für Kranke und Behinderte, sie blieben links liegen.“ In einer Videobotschaft auf der Homepage der Erzdiözese erinnerte Zollitsch an die eigentliche Botschaft von Weihnachten:
Der Kölner Kardinal Joachim Meisner hat die Menschen aufgerufen, wieder mit kindlichem Staunen zu glauben. Die Botschaft von der Geburt Jesu in eine verleumderische, gottfeindliche, überhebliche Welt biete dazu allen Anlass, sagte er in seiner Predigt am Ersten Weihnachtstag im Kölner Dom. Die Weihnachtsfreude beziehe sich nicht auf Vergangenes. „Heute ist uns der Heiland geboren“, so Meisner.
Der Erzbischof von München und Freising, Reinhard Marx, hat an die Gläubigen appelliert, trotz aller aktuellen weltweiten Ängste, Krisen und Katastrophen nicht aufzugeben und in Hoffnungslosigkeit zu versinken. Krisen seien Herausforderungen zum Handeln, zur Veränderung und zum Lernen, sagte Marx an Heiligabend in der Christmette im Münchner Liebfrauendom. Das gelte auch für die Wirtschafts- und Finanzkrise. „Man gewinnt den Eindruck, dass auch diese Krise nicht als Auftrag einen neuen Weg zu gehen verstanden wurde, sondern dass vielmehr die alten Verhaltensweisen und Zielvorstellungen weiter vorherrschend sind“, kritisierte der Erzbischof. Die Christen seien in dieser Welt Träger der Hoffnung, der Zuversicht, des Mutes, sagte Marx: „Wir haben die weihnachtliche Botschaft verraten, wenn wir die Angst in der Welt verstärken. Das gilt für alle Bereiche unseres Lebens, auch in der großen Politik.“ Im Blick auf das Kind von Bethlehem dürften Christen nie aufgeben, an das Gute zu glauben und sich mit den ihnen geschenkten Mitteln und Möglichkeiten dafür einzusetzen. „Den Grund dieser unzerstörbaren Hoffnung gibt uns Gott selbst in seinem Sohn.“
Nach Überzeugung des Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst gibt Weihnachten den Menschen Wurzeln. Das Fest der Geburt Jesu Christi mache deutlich, dass der Mensch von Gott komme und bei ihm wahre Heimat finde. „Wo Gott aus dem Blick gerät, werden Menschen entwurzelt. Wo Gott nicht mehr vorkommt, ist der Mensch heimatlos. Diese Einsamkeit ist die größte Wunde unserer Zeit“, sagte der Bischof von Limburg in seiner Weihnachtspredigt. Hunderttausende Zuschauer feierten das Pontifikalamt aus dem Hohen Dom zu Limburg live im ZDF mit.
Der neue Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck rief dazu auf, Arbeit zu sichern, für Gerechtigkeit zu sorgen und denen eine Stimme zu geben, die keine haben. „In den Gesichtern der Armut, die uns heute begegnen, begegnen wir Gott“, sagte Overbeck am Heiligabend im Essener Dom. Er verwies beispielhaft auf Arbeitslose und Menschen, „die in die Konflikte zwischen Kapital und Arbeit geraten sind, wie wir sie zuletzt in den schwierigen Entwicklungen bei Opel drohend auf uns zukommen sahen“. Wichtig seien auch Hilfen für Kinder aus schwierigen familiären Verhältnissen sowie für Kranke, Alte und Alleingelassene.
Auch der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff mahnte ein nicht nachlassendes Engagement für Gerechtigkeit an. Auch wenn die Botschaft von Christi Geburt Freude bringe, so bleibe die Sorge um die Kranken, Armen und Bedrängten, sagte der Theologe an Heiligabend im Aachener Dom. „Die Vorsorge gegen eine kommende Wirtschaftskrise ist Pflicht, die Notlage von Migranten muss beherzt aufgegriffen werden.“ Auch Bildungsgerechtigkeit und Frieden nannte der Bischof als bleibende Herausforderungen sowie den Schutz des ungeborenen Lebens.
Als Chance für einen Neubeginn für den einzelnen und die Gesellschaft bezeichnete der Trierer Bischof Stephan Ackermann Weihnachten. Weihnachten sei „das Wunder eines neuen Anfangs mitten im Alten“, sagte Ackermann am Heiligen Abend in der Christmette im Trierer Dom. Er appellierte an die Gläubigen, zu einer „positiven Erschütterung zurückzufinden“. Diese Erschütterung sei „die einzige wirkliche Chance, die wir haben, damit sich unsere Welt zum Positiven verändert“. Das weltweite Erschrecken über Finanzmarktkrise und Klimawandel habe bisher offensichtlich nicht zu einem Umdenken oder einer wirklichen Neuorientierung geführt.
„Die Botschaft des Weihnachtsfestes ist die Antwort auf unsere menschliche Not, auf unser innerstes Verlangen.“ Unter diese zentrale Aussage hatte Bischof Gebhard Fürst seine Predigt bei der Christmette am Heiligen Abendgestellt. Im Rottenburger St.-Martinus-Dom sagte er, Gott sei Mensch geworden, um den Menschen einen Raum zu erschließen, wo sie Mensch sein dürfen „und nicht nur Arbeitstiere oder Leistungsträger“, so Bischof Fürst. Die Menschwerdung Gottes verwandle die Zwänge des Lebens in Freiheit. Sie lasse Menschen, von denen keiner etwas wissen wolle, erfahren, dass sie geliebt seien.
„Gott will das Leben mit uns teilen.“ Das sagte Erzbischof Hans-Josef Becker in seiner Predigt im Pontifikalamt am ersten Weihnachtstag im Hohen Dom zu Paderborn. „Die Prinzipien der Menschlichkeit, der Gerechtigkeit, ja der Moral insgesamt sind Bestandteil unserer politischen und gesellschaftlichen Kultur geworden, auch wenn viele das heute vergessen zu haben scheinen.“ Weiter betonte er die Bedeutung des Wortes Gottes als Lebensmaßstab. So notwendig Menschen von Politikern und Machthabern richtige Maßnahmen verlangen dürften, so sehr sehnten sie sich auch nach „einem alles entscheidenden Wort“, das selbst im Scheitern noch Halt gebe, so Becker in seiner Predigt.
Die „Kirche als Gestalt des Christuskindes in der Welt“ ist nach den Worten des Augsburger Bischofs Walter Mixa zu jeder Zeit die „Anwältin des Lebens“. „Weil Gott selbst sich mit der Geburt seines Sohnes unwiderruflich auf die Seite unseres Lebens gestellt“ habe, kämpfe die Kirche „für das Lebensrecht der ungeborenen Kinder, für das Lebensrecht und die Würde alter und kranker Menschen, für Freiheit, Frieden und soziale Gerechtigkeit“, sagte Mixa in seiner Weihnachtspredigt in der Augsburger Marienkathedrale.
„Bleibt Weihnachten heute immer mehr auf der Strecke?“ Das fragte der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle in seiner diesjährigen Weihnachtspredigt. Weihnachten könne äußerlich zur Last werden, beklagt Trelle. Doch in seiner eigentlichen Bedeutung sei es ein stilles Fest, bei dem Gott leise auf den Menschen zugehe. Weihnachten halte die wichtigste Botschaft für die ganze Menschheit bereit. Durch die unerwartete Nähe des gottgesandten Retters erhalte alles Geschaffene eine neue Würde.
Die Armseligkeit der Geburtsszene in Bethlehem mache Mut, einen anderen Weg zu wählen. Das sagte der Eichstätter Gregor Maria Hanke bei seiner Weihnachtspredigt im Eichstätter Dom. Der Mensch brauche nicht nach den Sternen zu greifen, um Glück und wahren Frieden zu finden. Die Geburt Jesu im Stall Bethlehem zeige vielmehr: „Die Einfachheit unseres Lebens reicht aus, um Gottes Gegenwart zu erfahren“.

(pm/domradio 25.12.2009 ad)







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