Weihnachten 2009 wird
wohl bei vielen ein karges Fest. Die gegenwärtige Weltwirtschaftskrise oder die frostigen
Temperaturen plagen mehrere europäische Länder. Das gilt wohl insbesondere für das
so genannte Armenhaus Europas: das osteuropäische Land Bulgarien.
Armut und
Not prägen das Leben vieler Menschen in Bulgarien. Genügend Essen, der regelmäßige
Schulbesuch, eine medizinische Versorgung und pflegerische Hilfen in Krankheit und
Alter sind im Land mit der geringsten Wirtschaftskraft innerhalb der EU oft noch Fremdworte.
Besonders die Kinder und Jugend in Bulgarien haben es schwer. Das sagt uns Monika
Heitmann. Sie ist Aufbaureferentin beim bulgarisch-deutschen Sozialwerk St. Andreas.
Dieser Verein hilft seit zehn Jahren vor allem Menschen in Varna, einer Ortschaft
am Schwarzen Meer. Heitmann:
„Bulgarien ist wirklich ein sehr armes Land.
Der Durchschnittslohn oder die Rente sind sehr niedrig. Das Geld reicht nicht. Das
Sozialwerk St. Andreas hat drei Mitglieder und drei Leitideen: In der Zusammensetzung
der Mitglieder spiegelt sich auch eine der Leitideen wieder, nämlich die Ökumene.
Es sind zwei römisch-katholische Mitglieder also die Stiftung Liebenau und St. Franziskus-Heiligenbronn.
Zusammen mit der bulgarisch-orthodoxen Metropolie in Varna bilden sie eine Einheit.“
Diese
ökumenische Zusammenarbeit ist dadurch entstanden,…
„…weil sie die sozialkaritative
Arbeit in diesem Land gemeinsam angehen möchten. Das ist eine große Herausforderung,
denn die orthodoxe Kirche hat weder die Tradition noch die Strukturen, in einer kirchlichen
sozialen Arbeit tätig zu sein. Die beiden deutschen Stiftungen haben hingegen eine
über hundert Jahre lange Praxis in der Behinderten- und Altenhilfe.“
Die
dritte Leitidee ist Europa, also die bessere Lebensqualität für die Armen in diesem
Land. Dieses Ziel hat sich der Gründer des Sozialwerkes vorgenommen, so Heitmann:
„Der
Initiator, Jakob Bichler, hat in seinem Urlaub am Schwarzen Meer herumwühlende Zigeuner
gesehen – ich benütze bewusst den Begriff „Zigeuner“ – das hat ihn dazu motiviert,
ein Kinderhaus in einem Dorf bei Varna für etwa 80 Kinder ins Leben zu rufen. Die
Hälfte der heutigen Kinder in diesem Haus sind Roma. Zusätzlich gibt es ein Internat
und einen Kindergarten. Im Laufe der Zeit haben wir gemerkt, dass diese Kinder wieder
in ihre Dörfer gehen, wo sie dann erneut unter armen Verhältnissen leben müssen. Deshalb
haben wir noch ein Internat für Schüler ins Leben gerufen.“
Es sei ebenfalls
wichtig, dass die Eltern Unterstützung erhalten. Kinder und Jugendliche machen nämlich
nur dann Fortschritte, wenn ihre Eltern mit ihren sozialen Problemen konfrontiert
würden, so Heitmann.
„Deshalb fingen wir dann an, Elternkurse anzubieten.
Es ging darum, wie man mit dem Arbeitslosenproblem, Alkoholsucht oder Gewaltproblematik
umgehen soll. Auch Verhütung und Hygiene waren und sind für uns wichtig. Im Augenblick
planen wir eine so genannte mobile Arbeit. Wir schicken lokale Lehrer in die Dörfer.
Dazu bilden wir sie als Sozialarbeiter weiter. So hoffen wir, dass sie vor Ort den
Menschen Alltagshilfen geben.“
Die Zusammenarbeit mit der bulgarisch-orthodoxen
Kirche war und ist nicht selbstverständlich. Die Aufbaureferentin im Sozialwerk St.
Andreas, Monika Heitmann, hat aber vor allem positive Erfahrungen in der ökumenischen
Zusammenarbeit erfahren.
„Denn seit zehn Jahren ist viel an Überzeugung
geschehen. Wir arbeiten mit drei orthodoxen Priestern, die auch für längere Zeit in
Deutschland waren. Wir sorgen für die materielle Unterstützung und sie sind für die
spirituelle Hilfe und Seelsorge verantwortlich. Ein Kollege macht die Öffentlichkeitsarbeit
und Fortbildung für das Personal im Kinderhaus. Ein weiterer Priester ist für den
Religionsunterricht zuständig. Die Metropolie hat des Weiteren ein Suchthilfe-Projekt
gestartet. Das ist in ganz Bulgarien einmalig. Dabei wird erörtert, wie mittels Glaube
und Integration in der Kirche diese Probleme überwunden werden können. In dieser Richtung
ist aber noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Auch was die Frage der Liturgie
und Diakonie als Einheit angeht – und zwar egal welcher Kirche.“