2009-12-21 17:04:36

Bulgarien: Helfen im Armenhaus Europas


RealAudioMP3 Weihnachten 2009 wird wohl bei vielen ein karges Fest. Die gegenwärtige Weltwirtschaftskrise oder die frostigen Temperaturen plagen mehrere europäische Länder. Das gilt wohl insbesondere für das so genannte Armenhaus Europas: das osteuropäische Land Bulgarien.

Armut und Not prägen das Leben vieler Menschen in Bulgarien. Genügend Essen, der regelmäßige Schulbesuch, eine medizinische Versorgung und pflegerische Hilfen in Krankheit und Alter sind im Land mit der geringsten Wirtschaftskraft innerhalb der EU oft noch Fremdworte. Besonders die Kinder und Jugend in Bulgarien haben es schwer. Das sagt uns Monika Heitmann. Sie ist Aufbaureferentin beim bulgarisch-deutschen Sozialwerk St. Andreas. Dieser Verein hilft seit zehn Jahren vor allem Menschen in Varna, einer Ortschaft am Schwarzen Meer. Heitmann:

„Bulgarien ist wirklich ein sehr armes Land. Der Durchschnittslohn oder die Rente sind sehr niedrig. Das Geld reicht nicht. Das Sozialwerk St. Andreas hat drei Mitglieder und drei Leitideen: In der Zusammensetzung der Mitglieder spiegelt sich auch eine der Leitideen wieder, nämlich die Ökumene. Es sind zwei römisch-katholische Mitglieder also die Stiftung Liebenau und St. Franziskus-Heiligenbronn. Zusammen mit der bulgarisch-orthodoxen Metropolie in Varna bilden sie eine Einheit.“

Diese ökumenische Zusammenarbeit ist dadurch entstanden,…

„…weil sie die sozialkaritative Arbeit in diesem Land gemeinsam angehen möchten. Das ist eine große Herausforderung, denn die orthodoxe Kirche hat weder die Tradition noch die Strukturen, in einer kirchlichen sozialen Arbeit tätig zu sein. Die beiden deutschen Stiftungen haben hingegen eine über hundert Jahre lange Praxis in der Behinderten- und Altenhilfe.“

Die dritte Leitidee ist Europa, also die bessere Lebensqualität für die Armen in diesem Land. Dieses Ziel hat sich der Gründer des Sozialwerkes vorgenommen, so Heitmann:

„Der Initiator, Jakob Bichler, hat in seinem Urlaub am Schwarzen Meer herumwühlende Zigeuner gesehen – ich benütze bewusst den Begriff „Zigeuner“ – das hat ihn dazu motiviert, ein Kinderhaus in einem Dorf bei Varna für etwa 80 Kinder ins Leben zu rufen. Die Hälfte der heutigen Kinder in diesem Haus sind Roma. Zusätzlich gibt es ein Internat und einen Kindergarten. Im Laufe der Zeit haben wir gemerkt, dass diese Kinder wieder in ihre Dörfer gehen, wo sie dann erneut unter armen Verhältnissen leben müssen. Deshalb haben wir noch ein Internat für Schüler ins Leben gerufen.“

Es sei ebenfalls wichtig, dass die Eltern Unterstützung erhalten. Kinder und Jugendliche machen nämlich nur dann Fortschritte, wenn ihre Eltern mit ihren sozialen Problemen konfrontiert würden, so Heitmann.

„Deshalb fingen wir dann an, Elternkurse anzubieten. Es ging darum, wie man mit dem Arbeitslosenproblem, Alkoholsucht oder Gewaltproblematik umgehen soll. Auch Verhütung und Hygiene waren und sind für uns wichtig. Im Augenblick planen wir eine so genannte mobile Arbeit. Wir schicken lokale Lehrer in die Dörfer. Dazu bilden wir sie als Sozialarbeiter weiter. So hoffen wir, dass sie vor Ort den Menschen Alltagshilfen geben.“

Die Zusammenarbeit mit der bulgarisch-orthodoxen Kirche war und ist nicht selbstverständlich. Die Aufbaureferentin im Sozialwerk St. Andreas, Monika Heitmann, hat aber vor allem positive Erfahrungen in der ökumenischen Zusammenarbeit erfahren.

„Denn seit zehn Jahren ist viel an Überzeugung geschehen. Wir arbeiten mit drei orthodoxen Priestern, die auch für längere Zeit in Deutschland waren. Wir sorgen für die materielle Unterstützung und sie sind für die spirituelle Hilfe und Seelsorge verantwortlich. Ein Kollege macht die Öffentlichkeitsarbeit und Fortbildung für das Personal im Kinderhaus. Ein weiterer Priester ist für den Religionsunterricht zuständig. Die Metropolie hat des Weiteren ein Suchthilfe-Projekt gestartet. Das ist in ganz Bulgarien einmalig. Dabei wird erörtert, wie mittels Glaube und Integration in der Kirche diese Probleme überwunden werden können. In dieser Richtung ist aber noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Auch was die Frage der Liturgie und Diakonie als Einheit angeht – und zwar egal welcher Kirche.“

 
(rv 21.12.2009 mg)








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