2009-12-19 16:37:19

D: Natürlich Religion. Zum 80. Geburtstag Willi Fährmanns


RealAudioMP3 „Das Glück ist nicht vorbeigegangen.“ So hat Willi Fährmann seine persönlichen Erinnerungen überschrieben. Der renommierte Jugendbuchautor wurde an diesem Freitag 80 Jahre alt. Viele seiner Bücher rund 50 Bücher haben einen christlichen Hintergrund. Für sein Gesamtwerk erhielt Fährmann den „Großen Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur“ und den „Deutschen Jugendbuchpreis“. Den katholischen Kinder und Jugendbuchpreis hat er selbst initiiert. Ein Beitrag von Birgit Pottler.

„Der Lange Weg des Lukas B.“, „Das Jahr der Wölfe“, „Es geschah im Nachbarhaus“. Mit seinen Familiensagen und Geschichten erzählt Fährmann von Judenverfolgung, von Krieg, Vertreibung und Auswanderung. Aus der Sicht von Kindern und Familien arbeitet er deutsche Geschichte auf.

Der Direktor des Borromäusvereins, ein katholisches Netzwerk für Büchereiarbeit, hat sich anlässlich des 80. Geburtstags von Willi Fährmann das Buch „Der überaus starke Willibald“ aus dem Regal genommen, eine Geschichte über ein kleines Mäusevolk, das sich mit dem Thema Diktatur auseinandersetzt. Zu lesen sei es entweder wie ein Abenteuerroman oder auf dem Hintergrund des Nationalsozialismus, meint Rolf Pitsch:
„Wie organisiert man Zusammenleben, in diesem Fall Zusammenleben unter Mäusen? Wie funktioniert das, wie kann man sich verständigen und wie kann man sich gegen Versuche von Diktatur zur Wehr setzen? Was passiert dabei, was passiert denen, die sich zur Wehr setzen und in eine Minderheitenrolle kommen?“ 
Religion im Alltag
Fährmann wurde 1929 in Duisburg geboren und lebt heute in Xanten am Niederrhein. Sein Vater stammt aus Ostpreußen. Er selbst ist bekennender Katholik und war aktiv in der katholischen Jugendarbeit. Der Romanzyklus der Bienmann-Saga beschreibt den Weg einer Familie aus Ostpreußen über die USA ins Ruhrgebiet. „Unter der Asche die Glut“ etwa aus der Fink-Saga spricht von der katholischen Arbeiterjugend anfangs des Dritten Reichs. Fährmann verarbeitet in seinen Werken auch seine eigene Biographie und die seiner Familie. Wer seine Bücher liest, findet nicht christliche Erbauungsliteratur sondern erfährt Religion im Alltag.
Pitsch vom Borromäusverein: „Er hat in seinen literarischen Werken das Leben von Christen völlig selbstverständlich mit hinein gewoben. Das findet nicht spektakulär statt. Religiöse Handlungen, Gesten und Symbole werden nicht besonders herausgehoben. Sondern die Menschen, die in seinen Geschichten vorkommen, sind selbstverständlich Glaubende, oder sind selbstverständlich Zweifelnde, sind selbstverständlich den Glauben Suchende, sind diejenigen, die im Gespräch miteinander über den Glauben sind.“
In dieser Natürlichkeit, wie Pitsch es nennt, sei Fährmanns Werk auch prägend für junge Familien. „Ich glaube schon, dass man als Vater oder Großvater Kindern und Jugendlichen Geschichten von Willi Fährmann vorliest. Dann kann man hier auch etwas vermitteln, was Kinder vielleicht heute so nicht mehr erleben.“ 
Gute Literatur für alle
Buchverlage bieten heute Bücher explizit für alle Altersstufen an und verfolgen Marketingstrategien für so genannte All Age-Literatur. Willi Fährmann, auch wenn er als bedeutender Kinder- und Jugendbuchautor gilt, habe das schon vor dreißig oder vierzig Jahren begriffen, meint der Büchereiexperte: „Einer der Sätze, die ich von Willi Fährmann gelernt habe ist: Gute Literatur ist dann gute Literatur, wenn sie von Menschen ganz unterschiedlichen Alters gelesen werden kann. Bei Veranstaltungen von Willi Fährmann, wo er liest oder über seine Arbeit berichtet, kommen die Menschen, die vor ihm sitzen aus ganz unterschiedlichen Generationen, und das macht den besonderen Reiz aus.“ 
Katholischer Buchpreis
Auf die Bedeutung von Kinder- und Jugendliteratur aufmerksam machen wollte Fährmann aber doch. 1974 gab er nach den gesellschaftlich bewegten Jahren der Deutschen Bischofskonferenz den Anstoß zu einem katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis. Pitsch, lange Jahre Geschäftsführer des Preises, sagt: „Willi Fährmann formulierte die Frage: Warum gibt es nicht gerade seitens der katholischen Kirche einen Preis der Ermutigung für jene Autorinnen und Autoren, die sich auch den religiösen Gedanken in ihren Werken widmen.“
Die Kriterien zur Preisverleihung nennt Pitsch„relativ unspektakulär“, und es sei kompliziert, die richtigen Titel zu finden. Immer stünden sie aber in der Tradition Willi Fährmanns. Er selbst erhielt den Preis 1981 für „Der lange Weg des Lukas B.“, der Weg von einem ostpreußischen Dorf nach Amerika.
Das Ziel laut Pitsch: „Es sollen Bücher ausgezeichnet werden, die religiöse Erfahrungen vermitteln, die das Glaubenswissen erschließen und die in der heutigen Zeit zeitgemäß auf christliche Lebenshaltungen hinweisen und diese verdeutlichen.“ 
Der Borromäusverein bietet auf der Internetseite www.medienprofile.de Rezensionen zu zahlreichen Büchern Willi Fährmanns. Der Titel des Dossiers: „Bücher sind wie Flügel“. So beschreibt der Autor und Jubilar, was ihm lesen bedeutet.

(rv 18.12.2009 bp)







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