2009-12-03 13:01:43

D: Menschenrechtler, „Behörden schicken Flüchtlinge in Irak zurück“


RealAudioMP3 Von Afghanistan ist in diesen Tagen viel die Rede; viel weniger gesprochen wird in den Medien mittlerweile von der Lage im Irak. Nur das Gezerre um die nächsten Wahlen, die eigentlich im Januar stattfinden sollten, schafft es hier und da noch mal auf westliche Titelseiten. Heißt das, im Irak sind jetzt einigermaßen friedliche Zustände wiedereingekehrt? Und können die Hunderttausende von Flüchtlingen aus dem Irak – darunter viele Angehörige von Minderheiten, auch viele Christen – jetzt allmählich zurück in ihre Heimat? So einfach ist das nicht, sagt Otmar Oehring. Der Menschenrechtsexperte des kirchlichen Hilfswerks „missio“ hat sich in den letzten Jahren massiv für die Flüchtlinge aus dem Irak eingesetzt. Im Interview mit Stefan Kempis meint Oehring:

„Nach allen Informationen, die wir haben, ist es so, dass die Lage im Irak sich natürlich irgendwie stabilisiert – wobei es Unterschiede gibt zwischen Zentral-, Süd- und Nordirak -, aber alle Beobachter aus der Region weisen doch ganz klar darauf hin, dass, wenn es eine Möglichkeit der Rückkehr in den Irak überhaupt gibt, diese nur für die Muslime besteht, weil diese natürlich in ihre eigenen religiös-ethnischen Strukturen zurückkehren können, während das für die Christen durchweg nicht der Fall ist. Man hört auch, dass weiterhin eine relativ große Zahl von christlichen Flüchtlingen aus dem Irak in die Türkei kommt. Natürlich ist der Zufluss von christlichen Flüchtlingen nach Jordanien und Syrien weitgehend gestoppt; Rückkehr in den Irak hat es aus dieser Gruppe keine nennenswerte gegeben.

Einzelne sind zwar zurückgekehrt, aber zum Teil ist das von den deutschen Behörden erzwungen: „Bringen Sie Geburtsurkunden bei; wenn Sie uns die Geburtsurkunden nicht vorlegen können, dann sorgen Sie dafür, dass Sie sie von zuhause beschaffen...“ Ich habe von solchen konkreten Fällen gehört, und das sind natürlich, wenn es stimmt, unglaubliche Dinge, dass deutsche Behörden, die auf der einen Seite bereit sind, diese Menschen aufzunehmen, diese Menschen andererseits in die gleiche Situation zurückschicken, aus der sie geflüchtet sind – nur damit sie irgendein Papier beibringen, das nachweist, dass sie wirklich die Person sind, die zu sein sie vorgeben!“

Sie sind ein Kenner der Nahostregion. Nächstes Jahr gibt es eine Sondersynode von Bischöfen im Vatikan zum Thema Nahost – was kann man sich davon denn versprechen?
 
„Also, was ich mir erhoffen würde, wäre, dass die Bischöfe aus dem Nahen Osten tatsächlich die Lage in ihrer Region so darstellen, wie sie ist! Die Synode ist ja keine öffentliche Unternehmung; man wird da ja mehr oder weniger hinter verschlossenen Türen miteinander sprechen. Und man kann nur hoffen, dass sie dort wirklich Tacheles reden! Dass sie die Lage so darstellen, wie sie auch wirklich ist, und am Ende dann auch dazu stehen, dass es durchaus auch vernünftige Gründe für einzelne Christen aus der Region (natürlich in unterschiedlichen Nuancierungen, was die einzelnen Länder betrifft) geben kann, diese Länder zu verlassen! Wenn man aber das hören würde, was wir im Zusammenhang mit der Frage der Irak-Flüchtlinge gehört haben, nämlich „Alles ist gut“, bzw. dann im kleinen Kreis „Die Situation ist katastrophal“ – also, wenn man im Grund genommen keine wirklich nachvollziehbaren Äußerungen bekommen würde, dann wäre meines Erachtens die Synode schon von vornherein zum Scheitern verurteilt.“

(rv 19.11.09 sk)








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