2009-12-01 14:24:14

EU: Bischöfe begrüßen Reformvertrag


RealAudioMP3 Nach zahlreichen politischen Rückschlägen ist der Reformvertrag der Europäischen Union an diesem Dienstag in Kraft getreten. Der so genannte Lissabon-Vertrag legt die Basis für eine EU, die reibungsloser und demokratischer funktionieren soll. Die katholische Kirche begrüßt den Vertrag, er trage der Erweiterung der Union von 15 auf 27 Mitgliedsstaaten Rechnung. Die EU „wird demokratischer, transparenter und effizienter“, heißt es in einer europaweit abgestimmten Erklärung der Bischöfe. Birgit Pottler berichtet:

Mehr Demokratie
Nach acht Jahren Debatte könne die EU sich jetzt auf die inhaltlichen Herausforderungen konzentrieren und aufhören, „sich mit sich selbst zu beschäftigen“, sagte Thomas Pickartz von der Kommission der Europäischen Bischofskonferenzen (COMECE) in Brüssel gegenüber Radio Vatikan. Der Referent für institutionelle und soziale Fragen würdigte die Elemente für mehr Demokratie im Lissabon-Vertrag, wie die Möglichkeit einer europaweiten Bürgerinitiative und das stärkere Mitspracherecht für das Europäische Parlament: „Das hat es vorher nicht gegeben. Da das Parlament direkt von den Bürgern legitimiert ist, ist diese stärkere Stellung zu begrüßen. Ich denke, dass der Vertrag von Lissabon zeigen wird, ob er in der Lage ist, Resultate zu produzieren, ob er den Bürger, den Menschen in der EU in den Mittelpunkt stellen kann, ob es der EU gelingen kann auf die Herausforderungen der heutigen Zeit zu antworten. Wenn dem so ist, dann werden letztlich auch die Bürger davon überzeugt sein, dass das ein wichtiger Vertrag war.“
Mehr Dialog
Neben der Reform der EU-Institutionen verankert der Vertrag auch den Dialog mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften. Mit Artikel 17 des Vertrags über ihre Arbeitsweise erkennt die EU die Identität und den spezifischen Beitrag der Kirchen an und führt auf dieser Grundlage einen offenen, transparenten und regelmäßigen“ Dialog mit ihnen.

Thomas Pickartz, COMECE-Fachmann für institutionelle Fragen: „Das bedeutet, dass unabhängig vom guten Willen Einzelner nach dem Willen des europäischen Gesetzgebers dieser Dialog auch mit den Europäischen Institiutionen geführt werden soll.“ Umgekehrt verpflichte der Artikel die Kirchen dazu, noch mehr als bisher zu tun, und – gerade auch im Blick auf die neuen Institutionen und Entscheidungsträger – die Arbeiten zu begleiten. Die EU sei gut beraten, auf die Erfahrung der Kirchen zum Beispiel in der Entwicklungshilfe oder als Arbeitgeber im Bereich Soziales zurückzugreifen, so Pickartz. „Ich denke schon, dass das nicht spurlos an den europäischen Entscheidungsträgern vorübergeht, wenn sie mit kirchlichen Experten mit großer Erfahrung zusammentreffen. Natürlich liegt unsere besondere Identität, unser spezifischer Beitrag darin, dass wir etwas zur Wertebasis der EU beitragen können.“ Auf der Agenda stünden unter anderem der menschenwürdige Umgang mit Flüchtlingen, ein soziales und familienfreundliches Europa sowie Fragen der Bioethik und Forschungspolitik.

Mit Artikel 17 verpflichtet sich die EU auch, das national geregelte Staat-Kirche-Verhältnis zu achten und nicht zu beeinträchtigen. Pickartz ergänzt: „Das bedeutet, dass auch die institutionelle Dimension der Religionsfreiheit, die sich auf die Kirche als Körperschaft bezieht, gewährleistet ist.“

Christliche Prinzipien bewahren
Zwar bedauerten die Kirchen, dass der neue Vertrag weder auf Gott noch auf die christlichen Wurzeln des Kontinents Bezug nehme. „Doch es gibt immerhin einen Verweis auf das geistig-religiöse Erbe Europas, und damit ist natürlich besonders das christliche Erbe gemeint.“
Mit Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags wird auch die so genannte Grundrechtscharta rechtsverbindlich. Grund- und Freiheitsrechte werden damit für jeden Bürger einklagbar. In der Charta und im gesamten Arbeiten der EU seien die Achtung der Menschenwürde und Prinzipien wie Solidarität und Subsidiarität der katholischen Soziallehre grundlegend, so COMECE-Referent Pickartz. Sein Appell: „Ich denke, dass die Kirchen auf die Einhaltung dieser Prinzipien drängen sollten und besondere Kompetenz haben, um über diese Prinzipien zu wachen.“
(rv 01.12.2009 bp)







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