Katholiken sollten
anderen Religionen gegenüber offen sein und die Religionsfreiheit Andersgläubiger
nicht einschränken. Mit diesen Worten kommentierte an diesem Freitag der Präsident
des Päpstlichen Rates der Seelsorge für die Migranten, Erzbischof Antonio Maria Vegliò,
die bevorstehende Volksabstimmung in der Schweiz über das Verbot von Minaretten. „Ich
verstehe nicht, wie man jemandem verbieten kann, sein eigenes Gotteshaus zu bauen“,
sagte Vegliò vor Journalisten im Vatikan.
Auch die Schweizer Bischöfe sagen
„Nein“ zum Verbot muslimischer Gebetstürme und empfehlen den Eidgenossen am Sonntag
gegen die so genannte „Anti-Minarett-Initiative“ zu stimmen. Dahinter verbergen sich
rechtsgerichtete Populisten und Anhänger der erzkonservativen Schweizer Volkspartei.
Dass sie ihre Interessen durchsetzen, ist nach aktuellen Umfragen unwahrscheinlich.
Fest steht aber: Bei der Abstimmung am Sonntag geht es nicht nur um Türme an Moscheen,
sondern darum, ob der Islam in der Schweiz als Realität akzeptiert wird. Ein Beitrag
von Antje Dechert:
Ein Plakat: Links stiert einem düster eine Frau in schwarzer
Burka entgegen. Rechts ragen Minarette als Raketen empor. Ihre Schatten verdunkeln
eine Schweizer Fahne im Hintergrund. Die Botschaft: Der Islam will die Schweiz und
ihre Bewohner unterdrücken. Noch deutlicher aber spiegelt das plumpe Plakat der Anti-Minarett-Initiative
die Aggression seiner Macher wider und deren Masche:
„Die Minarett-Initiative
hat dazu beigetragen, dass die Emotionen in der Bevölkerung hochgegangen sind“, sagt
Erwin Tanner. Er ist der Sekretär der Arbeitsgruppe „Islam“ bei der Schweizer Bischofskonferenz.
„Mit
diesen Plakaten wurden Gefühle in den Menschen geweckt, die sagen: Da muss man aufpassen.
Was kommt da auf einen zu? Jetzt ist es vielleicht das Minarett, später ist es der
Gebetsruf, dann die Verschleierung, dann die Absonderung verschiedener Bevölkerungsschichten.
Also: Die Minarettinitiative hat Ängste geschürt in der Bevölkerung und zum Teil auch
bei gewissen Kreisen der Bevölkerung einen Anstieg an Fremdenfeindlichkeit.“
Das
haben etwa die jüngsten Schmierereien an einer Genfer Moschee gezeigt. Auch viele
Muslime sind verunsichert und fürchten, dass ein „Ja“ zum Minarett-Verbot erst der
Anfang einer ganzen Reihe von Einschnitten in die Religionsfreiheit wäre, sagt der
Präsident der Föderation Islamischer Dachorganisationen, Hashim Maizar:
„Primär
geht es nicht um den Bau von Minaretten, dass ist nur der Aufhänger. Das ist an sich
der erste Schritt, durch den die Initianten meinen, dann auch mit anderen gewissen
islamischen Aspekten abrechnen zu müssen - oder besser gesagt, nicht islamischen Aspekten,
weil sie eigentlich wahllos argumentieren und Sachen, die historisch oder kulturell
bedingt sind, einfach so in Zusammenhang mit dem Islam bringen.“ Ein Verbot
von Minaretten würde Probleme nicht lösen, sondern mehr Probleme schaffen, meint Maizar.
Ähnlich sehen das auch die Schweizer Bischöfe, sagt Erwin Tanner:
„Sie meinen,
dass diese Minarett-Initiative, nicht dazu beiträgt, religiösen Frieden aufrechtzuerhalten.
Im Gegenteil: Es wird Unfrieden gestiftet.“ Muslime in aller Welt verfolgen
die Minarett-Diskussion in der Schweiz mit großem Interesse. Noch nie haben arabische
Medien dem Alpenstaat so viel Aufmerksamkeit geschenkt. Die Schweizer Bischöfe fürchten
deshalb negative Reaktionen, sollte es zu einem Minarett-Verbot kommen. Erwin Tanner:
„Sie
haben Angst, dass den Christen in islamisch geprägten Ländern der Bau oder die Nutzung
von Sakralbauten unmöglich gemacht werden würde. Und deshalb lehnen sie diese Initiative
ab, auch aus dem biblischen Gedanken heraus: Was Dir selbst verhasst, das mute auch
einem anderen nicht zu.“ Trotz allem hat die Diskussion um den Minarett-Bau
den Schweizer Muslimen viele Sympathie - und Solidaritätsbekundungen beschert. Hashim
Maizar sieht der Abstimmung am Sonntag deshalb zuversichtlich entgegen:
„Ich
bin fest überzeugt davon, dass die Menschen hier am Ende ihrer Vernunft nachgehen
werden und nicht nur der geschürten Angst nach abstimmen.“ (rv
27.11.2009 ad)