30 Jahre lang soll
die irische Erzdiözese Dublin Missbrauchsfälle von Priestern an Kindern systematisch
vertuscht haben. Zu diesem Urteil kommt ein Bericht der Republik Irland, der die Missbrauchsfälle
und den Umgang mit ihnen untersucht hat. Er wurde an diesem Donnerstag von Justizminister
Dermot Ahern in Dublin vorgestellt. Der Bericht befasst sich mit Missbrauchsvorwürfen
von 1975 bis 2004, dabei geht es um Vorwürfe von 320 Personen.
Radio Vatikan
sprach mit Diarmuid Martin, seit 2004 Erzbischof von Dublin. Er sieht vor allem die
Opfer, die von den vielen Missbrauchsfällen produziert wurden.
„Ich denke
an den Schrecken, den sie durchgemacht haben. Besonders denke ich an eine ganz bestimmte
Gruppe, nämlich an diejenigen, die bis jetzt noch nicht fähig sind, ihre Geschichte
selbst zu erzählen. In ihnen werden furchtbare Gefühle und Erinnerungen beim Lesen
dieses Berichtes wach, Gefühle, mit denen sie noch nicht zu Recht kommen. Ich habe
in den letzten Jahren viele, viele Opfer getroffen und konnte sehen, wie ihr Leben
oder Teile ihres Lebens zerstört sind. Sie mussten mit dem furchtbaren Leid jahrelang
leben. Es ist natürlich besser, wenn sie für sich selbst sprechen, aber ich kann mir
auch vorstellen, dass für einige die Tatsache, dass jetzt die Wahrheit ans Licht kommt,
sehr wichtig ist.“
Es bleibt für viele Opfer und für die Öffentlichkeit
die Frage, wie die offizielle Kirche das alles über so viele Jahre hinweg dulden konnte.
Der Bericht der so genannten Murphy-Kommission stellt fest, dass die Vorfälle bekannt
waren, aber nicht ernst genommen wurden. Aus dem Bericht geht klar hervor, dass die
Kirchenführung im Zeitraum zwischen 1975 und 2004 systematisch ihre Priester vor strafrechtlichen
Konsequenzen geschützt hat. Der Kontakt dieser Priester mit Kindern wurde nicht unterbunden.
Bischof
Martin sieht einen Mangel an Problembewusstsein oder Verdrängung durch die Verantwortlichen,
die die Realität nicht sehen wollten. Auf keinen Fall dürfe man jetzt den gleichen
Fehler noch einmal machen und zur Tagesordnung übergehen.
„Es ist sehr traurig,
dass einerseits die Eltern und die Opfer, die an die Öffentlichkeit gegangen sind,
keinen Zweifel daran hatten, wie schwerwiegend dies alles war; die Leiter unserer
Kirche scheinen nicht die gleiche Wahrnehmung gehabt zu haben, wie desaströs das alles
für Kinder war. Das ist ein Kapitel in der Geschichte der Erzdiözese Dublin, das sehr
traurig ist. Es wird bleiben. Wir können das nicht verleugnen. Es hat keinen Sinn
zu sagen, mit dem Bericht sei alles vorbei, jetzt sei wieder alles normal. Die Kirche
muss sich ändern und ich glaube, es wird auch gut für uns sein, dass wir uns diesem
Kapitel unserer Geschichte ganz gestellt haben.“
Die nach der leitenden
Richterin Yvonne Murphy benannte Kommission wurde im März 2006 mit der Untersuchung
beauftragt. Der Bericht über die Erzdiözese Dublin folgt dem im Mai veröffentlichten
Ryan Report, der zu dem Ergebnis kam, dass irlandweit über Jahre mehr als 2.000 Kinder
in kirchlichen Einrichtungen misshandelt, geschlagen oder sexuell missbraucht worden
seien. Prügel und sexueller Missbrauch vor allem von Buben kamen demnach in diesen
Häusern seit den dreißiger Jahren häufig vor. Auch diese Studie hatte Kirche und Staat
in Irland vorgeworfen, die Augen vor den Zuständen in den Heimen verschlossen zu haben.