2009-11-26 11:33:02

D: Ethikrat gegen Babyklappen


Der Deutsche Ethikrat hat sich mit deutlicher Mehrheit für ein Ende von Babyklappen und anonymen Geburten ausgesprochen. Beide seien ethisch und rechtlich sehr problematisch, heißt es in einer am Donnerstag vorgestellten Stellungnahme des Rates. Bisherige Erfahrungen zeigten, dass diese Angebote Frauen in Not kaum erreichten. In einem Sondervotum sprechen sich sechs der 26 Mitglieder allerdings für eine Fortsetzung der Angebote aus. Dazu zählen der Augsburger katholische Weihbischof Anton Losinger, der katholische Moraltheologe Eberhard Schockenhoff und der evangelische Mediziner Eckhard Nagel, der auch Präsident des Ökumenischen Kirchentages 2010 ist. Die Angebote seien trotz ethischer und rechtlicher Bedenken weiter vertretbar, argumentieren sie. Die seit rund zehn Jahren in Deutschland praktizierte anonyme Kindabgabe soll verhindern, dass Frauen Neugeborene töten oder aussetzen. Die Zahl tot aufgefundener Neugeborener in Deutschland ist nach Angaben des Kinderhilfswerks „terre des hommes“ und weiterer Experten seit Einführung dieser Angebote im Jahr 1999 konstant geblieben und 2008 sogar gestiegen.
Der Ethikrat empfiehlt stattdessen dem Gesetzgeber, eine „vertrauliche Kindesabgabe mit vorübergehender anonymer Meldung“ zu ermöglichen. Zudem verlangt er eine umfassende öffentliche Information über bestehende Hilfsmöglichkeiten für solche Fälle. Bundesweit gibt es nach Angaben des Ethikrats rund 80 Babyklappen; zudem böten etwa 130 Kliniken anonyme Geburten an. Seit Jahren gibt es politisch und gesellschaftlich eine Auseinandersetzung über den Sinn von Babyklappen.
Der Augsburger Weihbischof Losinger begründet sein Sondervotum mit einem Hinweis auf „Frauen in einer Notlage, die von offenen Hilfsangeboten nicht erreicht werden“. Für sie könnten die Babyklappe oder eine anonyme Geburt „eine letzte Alternative dazu sein, ihr Kind unversorgt auszusetzen“. Es bestehe immerhin „die reale Möglichkeit der Rettung eines Kindes vor dem Tod durch die Angebote der anonymen Kindesabgabe“ – daher müßten diese „im Hinblick auf den Lebensschutz bestehen bleiben“, so Losinger. Das Recht auf Leben sei im Grundgesetz über dem Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung angesiedelt; darum bedürften die Angebote der anonymen Kindesabgabe keiner zusätzlichen gesetzlichen Regelung.

Anders als Losinger, der ja selbst zum Ethikrat gehört, hat der Sozialdienst katholischer Frauen, kurz SKF, die Stellungnahme aus Berlin begrüßt. Jetzt stünden die Betreiber von Babyklappen und die Anbieter von anonymer Geburt vor der Aufgabe, ihre Angebote weiterzuentwickeln, um sowohl den betroffenen schwangeren Frauen und Müttern in ihrer Not zu helfen, als auch die Rechte ihrer Kinder auf Kenntnis ihrer Herkunft zu wahren. Die rechtliche Regelung einer vertraulichen Geburt könnte hierzu ein wesentlicher Schritt sein. Der Verband teilt die Meinung des Ethikrates, dass der Weg der anonymen Kindesabgabe „zumindest juristisch in eine Sackgasse führt und auch im Hinblick auf den konkreten Lebensschutz keine befriedigende Lösung darstellt“. Der Sozialdienst katholischer Frauen will jetzt „Konsequenzen aus dem Votum des Ethikrates ziehen“; für ihn als Träger von Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe hat das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung „einen sehr hohen Stellenwert“. Es gebe aber „Situationen, in denen die Angst der Frauen so groß ist, dass sie zunächst nur über einen anonymen Zugang erreicht werden können.“ Nach den Erfahrungen des SkF geben circa 75 Prozent der Frauen im Laufe des Beratungsprozesses ihre Anonymität auf, „wenn sie sich darauf verlassen können, dass sie in einem geschützten Raum sind und ihre Daten vertraulich behandelt werden“.

(kna/pm/rv 26.11.2009 sk)







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