Es ist erst gut zwei
Wochen her, da lieferte Ecuadors linker Präsident Rafael Correa den Beweis, warum
er Dialogprobleme hat: Bei einem Besuch in London schimpfte er auf die Medien, die
Banker und die katholische Kirche. Diese drei Institutionen seien verantwortlich,
warum es nicht vorwärts gehe in seinem Land. Sie würden seinem politischen, antikapitalistischen
Kurs Steine in den Weg werfen. Die Kirche hört das nicht gerne.
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Sie in diesem Beitrag von Brigitte Schmitt:
„Ich bin praktizierender Katholik,
doch leider arbeiten einige Bischöfe gegen die Verfassung“, so wird Ecuadors Präsident
Rafael Correa nach seinem London-Besuch zitiert. Prompt reagierte zu Hause die Bischofskonferenz
mit einer Richtigstellung: Das soziale Engagement der Kirche zeige sich durch rund
3 000 Projekte, in denen den Bedürftigen nicht anonym, sondern ganz persönlich geholfen
werde. Auch der Papst habe sich, nicht zuletzt in der Enzyklika Deus Caritas Est,
zu sozial relevanten Themen, von der Globalisierung über die Migration bis hin zum
Klimaschutz geäußert. Zwischen den Zeilen sagen die Bischöfe, der Kirche könne wahrlich
nicht der Vorwurf gemacht werden, sie kümmere sich nicht um die Ausgegrenzten. Im
Übrigen warnt Ecuadors Kirchenspitze die staatliche Autorität davor, die Religion
einem politischen Programm aufzupfropfen, um sie dann für eine rechte oder linke Ideologie
zu missbrauchen.
Es weht ein kalter Wind zwischen Rafael Correa und den Bischöfen.
Das bestätigt auch der Münchner Dompfarrer Wolfgang Huber, der vor kurzem im Partnerland
Ecuador unterwegs war: „Momentan ist es für die Kirche in Ecuador sehr schwierig,
all diese sozialen Forderungen gegenüber der Gesellschaft zum Tragen zu bringen und
dort die christlichen Werte zu implantieren. Im Schulwesen zum Beispiel ist die Kirche
ein großer Träger. Aber es gibt einige Bereiche, wo staatliche Stellen in bestimmter
Weise die Vermittlung christlicher Grundwerte beschneiden. Ich würde durchaus sagen,
dass das Verhältnis von Staat und Kirche gespannt ist.“ Und was ist mit dem
Vorwurf Correas, die Kirche tue nicht genug, um das Land voran zu bringen? Dabei protzte
der Präsident in London mit Ecuadors relativ niedriger Arbeitslosenrate im Vergleich
zu den kapitalistischen Industrieländern. Umgekehrt muss Ecuador Massen von kolumbianischen
Flüchtlingen aufnehmen, die Binnenmigration vom Land in die Stadt ist ebenso präsent
wie überall auf der Welt. Dompfarrer Huber: „Gerade in einer Diözese wie Quayaquil
(die derzeit den Vorsitzenden der Bischofskonferenz stellt, Anm. d. Red.), wo sich
pro Jahr 160.000 Menschen, die aus den Bergen kommen, ganz neu ansiedeln, sind Kirche
und Bischof die ersten Ansprechpartner, die ersten Mensche, die sich sorgen, dass
die Menschen eine vernünftige Unterkunft haben, dass es für die Kinder Bildungseinrichtungen
gibt, für die Frauen Hygiene-Einrichtungen. Die staatlichen Stellen halten sich da
ganz schön fein heraus. Und da merkt man dann, dass diese Option für die Armen der
Auftrag der Kirche ist und von den Menschen in dieser Weise wahrgenommen wird.“ Option
für die Armen, da denken manche in Lateinamerika an die Befreiungstheologie. Um sie
ist es in Ecuador still geworden. Stille herrscht aber nicht bei theologischen Fragen,
zumal sich Ecuador eines regen Zulaufs von Indios zum Priesteramt erfreut. So beobachtete
Dompfarrer Huber:
„Ich habe in Ecuador erlebt, dass es kaum eine Gemeinde
gibt, in der sich nicht ein Kreis der Indio-Pastoral annimmt: Welche Antworten hat
die Kirche auf die Fragen, die aus der Naturreligion kommen? Es gibt auch Bischöfe
die Indios sind, sie bringen diese Anliegen in die Bischofskonferenz ein. Dort werden
große Fortschritte gemacht.“ Um die entlegenen Dörfer im Amazonasgebiet
zu besuchen, ist der Bischof eine Woche mit dem Boot unterwegs. Die Realität, die
er vorfindet, scheint fremd. Der Münchner Dompfarrer erzählt von einem Fall in der
Nähe der Ortschaft Tena im Amazonasbecken.
„Dort wurde ein Priester umgebracht.
Zuvor war dem Stamm dort Unrecht widerfahren. Da ist ein Junge mit dem Boot verunglückt
und der Stamm sagte, den Nächsten, der unser Gebiet betritt, müssen wir unserem Gott
opfern. Es war dann der Missionar, der das Leben lassen musste. Der Bischof hat uns
bei unserem Besuch die Speere gezeigt, mit denen der Priester umgebracht worden ist.“ (rv
25.11.2009 bs/bp)