Die orthodoxen Christen
in der Türkei können offenbar auf die Hilfe von US-Präsident Barack Obama zählen.
Dieser habe dem ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. von Konstantinopel bei einem
Treffen in Washington mit Blick auf die türkische Religionspolitik seine Unterstützung
zugesagt, teilt die griechisch-orthodoxe Erzdiözese von Amerika auf ihrer Webseite
mit. Dabei sei es vor allem um das seit langem geschlossene orthodoxe Priesterseminar
Chalki gegangen. Obama habe gesagt, dass eine funktionierende orthodoxe Hochschule
auch für das Renommee der Türkei wichtig sei. Das Seminar auf der Insel Heybeli im
Marmarameer war 1971 im Zuge eines Verbotes privater Hochschulen in der Türkei geschlossen
worden. Obwohl private Universitäten heute wieder erlaubt und verbreitet sind, durfte
Chalki bisher nicht wieder eröffnen.
Otmar Oehring ist Türkei-Kenner und Menschenrechtsexperte
des kirchlichen Hilfswerks „Missio“. Ich fragte ihn, ob Obamas „Yes, we can“ dem Orthodoxen
Patriarchen helfen kann.
„Offensichtlich nicht, denn es hat ja schon im
Zusammenhang mit Obamas Besuch in der Türkei die große Hoffnung gegeben – zum soundsovielten
Mal, muss man dazu sagen –, dass sich etwas bewegen würde; das letzte Mal hatten wir
eine solche Phase anlässlich der Teilnahme von Herrn Bush am Nato-Gipfel in Istanbul.
Das wird bei nächster Gelegenheit irgendwann mal wieder kommen, und es wird sich in
der Zwischenzeit wahrscheinlich in Bezug auf Chalki nichts ändern! Es hängt auch mit
innenpolitischen Problemen in der Türkei zusammen. Nach allem, was ich bei meinem
jüngsten Besuch in der Türkei gehört habe, ist nicht damit zu rechnen, dass sich die
türkische Regierung jetzt vorderhand um die Lage der christlichen Minderheiten im
Land kümmern wird.“
Ankara sei derzeit zu sehr beschäftigt mit einer vorsichtigen
„demokratischen Öffnung“ zu den Kurden hin; dieses heikle Thema verdränge alles andere.
Rufe aus der türkischen Bischofskonferenz, dass die Regierung doch die Paulus-Kirche
in Tarsus dauerhaft für Gottesdienste öffnen solle, verhallen da ungehört. Oehring
ist ohnehin nicht besonders zufrieden mit diesem Insistieren auf Tarsus:
„Es
wäre sinnvoll, wenn die Kirche tatsächlich um ihren eigenen Status prozessieren würde!
Wenn sie sich dann in einem zweiten Schritt auch um ihr Eigentum in der Türkei kümmern
und auch da durchaus den gerichtlichen Weg beschreiten würde bis hin nach Straßburg
– das gilt natürlich auch im Hinblick auf den Status… das sind die Dinge, die eigentlich
wichtig sind!“
Oehring sieht zwar die Gefahr, dass eine Klage der Kirche
vor dem türkischen Kadi erfolglos bleiben könnte. Aber er gibt zu bedenken:
„Das
ist eigentlich geradezu das, was die Kirche erhoffen muss! Denn wenn sie vor türkischen
Gerichten verliert, dann eröffnet sich ihr dadurch natürlich der Weg nach Straßburg
zum Europäischen Gericht für Menschenrechte, und die Urteile dieses Gerichtshofs müssen
von der Türkei umgesetzt werden, auch wenn sich die Türkei mit einigen dieser Urteile
bisher schwergetan hat. Das heißt also: Ein Straßburger Urteil ist sicher hundertmal
mehr wert als irgendein positives Urteil eines türkischen Gerichts!“