Kardinal Tarcisio Bertone schreibt an die Priester in China. Zweieinhalb Jahre nach
dem großen Papstbrief an Chinas Katholiken wendet sich nun die Nummer zwei des Vatikans
an die Priester in der Volksrepublik. Anlass ist das vom Papst ausgerufene „Jahr der
Priester“. Der Kardinalstaatssekretär ruft die Priester dazu auf, sich um eine Versöhnung
im Innern der katholischen Kirche in China zu bemühen und den Dialog mit den Behörden
zu suchen. Dabei dürften sie aber „nicht auf die Prinzipien des katholischen Glaubens
verzichten“.
„Noch ist mehr die Zeit der Aussaat als der Ernte“ – mit diesen
Worten zitiert Bertone den großen China-Missionar Matteo Ricci. „Trotz vieler anhaltender
Schwierigkeiten“ entdeckt der Kardinal aber „in verschiedenen Teilen Chinas auch Zeichen
der Hoffnung“. Die Priester müssten sich, um wirklich zur internen Versöhnung der
Katholiken Chinas beizutragen, vor allem um „Gottesliebe und Nachfolge Christi“ bemühen.
„Vielleicht“ – so Bertone wörtlich – „waren einige von euch überrascht über den Papstbrief
an die Kirche in China“: Aber die Priester sollten keinesfalls glauben, der Vatikan
sei nicht über die Lage der Christen im Land informiert. Der Heilige Stuhl kenne sehr
wohl „die komplexe und schwierige Lage“, in der sie sich befänden; doch gerade „die
neuen Herausforderungen, vor die sich das chinesische Volk jetzt zu Beginn des neuen
Millenniums gestellt sieht“, verlangen von den Priestern vor allem „den Versuch, den
christlichen Glauben in seiner Gänze zu leben“. Das sei das richtige Signal an Menschen,
„die Gott und der Religion gegenüber gleichgültig oder sogar feindlich gestimmt sind“.
Kardinal
Bertone rät den Priestern, engen Kontakt zu den Menschen in den Dörfern zu suchen,
mehr für eine gute Ausbildung von Katechisten zu tun und in der Caritas nicht nur
die eigenen Leute zu beglücken. Die Kirche als „Eucharistiegemeinschaft“ dürfe sich
„nicht auf sich selbst zurückziehen, als wäre sie ganz selbstgenügsam, sondern muss
in Gemeinschaft bleiben mit jeder anderen katholischen Gemeinschaft“. Jede Eucharistiefeier
verbinde die Katholiken „nicht nur mit ihrem Bischof, sondern auch mit dem Papst“
und dem ganzen Gottesvolk. Das ist, durch die vatikanische Blume gesprochen, eine
klare Absage an nationalkirchliche Strömungen in China, die – mit dem Segen Pekings
– ohne Rom auszukommen versuchen.