Papst vor Welternährungsgipfel: Richtlinien der internationalen Politik überdenken
Neue ethische und
wirtschaftliche Richtlinien in der internationalen Politik, fairer Handel und eine
gleichberechtigte Kooperation zwischen Industrie- und Entwicklungsländern: das sind
laut Benedikt XVI. Voraussetzungen, die es zu schaffen gilt, um das weltweite Hungerproblem
zu bekämpfen. Der Papst sprach zum Auftakt des Welternähungsgipfels der Vereinten
Nationen in Rom vor Vertretern aus rund 190 Ländern, darunter auch zahlreichen Staats-
und Regierungschefs.
Das Hungerproblem stünde in keinem Verhältnis zum Wachsen
der Weltbevölkerung. Das zeige die kontinuierliche Verschwendung von Nahrungsmitteln
aufgrund ihrer ungerechten Verteilung, beklagte der Papst und zitierte aus seiner
jüngsten Enzyklika „Caritas in veritate“:
„Der Hunger hat nichts mit materiellem
Mangel zu tun, sondern vielmehr mit dem Mangel sozialer Ressourcen und entsprechender
Institutionen. Es fehlen wirtschaftliche Einrichtungen, die in der Lage sind, den
Zugang zu Nahrung und Wasser zu garantieren beziehungsweise die notwendigen Schritte
bei globalen Nahrungskrisen einzuleiten und diesen so entgegenzutreten.“ Eindringlich
warnte der Papst davor, das Hungerproblem als strukturelle Gegebenheit zu akzeptieren.
Die internationale Politik müsse Nahrungssicherheit zu ihrer Priorität machen und
mehr Verantwortung zeigen. Dabei müsste aber auch die Art und Weise der internationalen
Zusammenarbeit überdacht und neu gestaltet werden, so das Kirchenoberhaupt. Das könne
letztlich auch ein Ausweg aus der globalen Wirtschaftskrise sein:
„Das Konzept
der Kooperation muss daher um das Prinzip der Subsidiarität erweitert werden. Das
bedeutet, dass die lokalen Gemeinschaften an den Entscheidungsprozessen im Bezug auf
die Bewirtschaftung und Nutzung des Landes, beteiligt werden. Denn die ganzheitliche
Entwicklung des Menschen erfordert die Verantwortung und Solidarität aller. Dabei
darf Entwicklungshilfe nicht dem Eigeninteresse elitärer Gruppen oder derjenigen dienen,
welche die Ressourcen zur Verfügung stellen.“ „Hunger ist das grausamste und
konkreteste Zeichen von Armut“, sagte der Papst und rief zu mehr Respekt vor ländlichen
Traditionen in den Drittweltstaaten auf. Die Industrienationen sollten den Produkten
der Entwicklungsländer mehr Präsenz auf dem internationalen Markt einräumen. Dessen
Logik dürfe sich nicht mehr nur am Profit orientieren, sondern müsse Selbstversorgung
und Unabhängigkeit fördern. Nicht zuletzt sei bei der Bekämpfung der Nahrungskrise
auch mehr globales Engagement für die Umwelt gefragt, redete der Papst den Gipfelteilnehmern
ins Gewissen und forderte eine „humane Ökologie“:
„Die Gier nach einer ungezügelten
Ausbeutung der Ressourcen des Planeten ist die Hauptursache der Umweltzerstörung.
Der Umweltschutz ist daher eine zentrale Herausforderung, um eine harmonische Entwicklung
zu garantieren. Allerdings reichen Normen, Gesetzgebungen, Entwicklungs- und Investitionspläne
allein nicht aus. Es bedarf eines Wandels der individuellen Lebensstile und des Konsums.“ (rv
16.11.2009 ad)