Vor dem Welternährungsgipfel: Hilfswerke fordern Umdenken
Mehr als 60 Staats-
und Regierungschefs werden an diesem Montag zu einem dreitägigen Welternährungsgipfel
in Rom erwartet. Mit ihnen beraten 1.000 Delegierte aus 190 Ländern am Hauptsitz der
UNO-Organisation für Landwirtschaft und Ernährung (FAO) über Strategien zur weltweiten
Bekämpfung des Hungers. Zum Auftakt spricht Papst Benedikt XVI.
Bereits am
ersten Tag will der Gipfel eine Erklärung verabschieden, mit der sich die Unterzeichnerstaaten
und die EU zu Sofortmaßnahmen gegen den weltweiten Hunger verpflichten. Schrittweise
soll ein „Recht auf angemessene Ernährung“ durchgesetzt werden. Nach Angaben der Vereinten
Nationen hat die Zahl der Hungernden auf der Erde mit mehr als einer Milliarde einen
historischen Höchststand erreicht. Zugleich verzeichneten zahlreiche Länder aber bedeutende
Verbesserungen.
Hilfswerke und humanitäre Organisation fordern ein Umdenken:
Mehrproduktion alleine reicht nicht, Hunger ist ein Verteilungsproblem, kritisieren
sie die Strategien der Politiker, in erster Linie die landwirtschaftliche Produktion
zu steigern. Das ist nicht die Lösung, um die Zahl der Hungernden weltweit zu reduzieren,
meint auch Alicia Kolmans im Gespräch mit Radio Vatikan. Sie vertritt das katholische
deutsche Hilfswerk Misereor beim Welternährungsgipfel in Rom: „Die
Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik müsste sich an den Bedürfnissen der Hungernden
orientieren, und wenn das passieren würde, sähe manches anders aus. Bei dem Gipfel
wird das zum Beispiel nicht gesehen: Wir erwarten eine so genannte neue Grüne Revolution,
d.h. Hochertragssaatgut, teilweise auch Gentechnik, sehr moderne Technologien in der
Landwirtschaft, die die Ertragssteigerungen unterstützen sollen. Aber genau das sind
Technologien, die sich Bauern nicht leisten können. Die Hungernden wird das nicht
erreichen.“
Wie schon Johannes Paul II. beim ersten Welternährungsgipfel
1996 spricht auch Papst Benedikt XVI. am Montag vor den Delegierten. Der Besuch sei
mehr als eine protokollarische Besonderheit und könne dem Gipfel – dem dritten dieser
Art – eine Richtung geben, meint Kolmans.
„Ich denke, der Papst kann durchaus
Einfluss haben. Seine Worte haben Autorität und finden Gehör. In seiner Sozialenzyklika
gibt es zum Thema Ernährung und Landwirtschaft auch viele positive Punkte. Es wäre
sicherlich gut, wenn er diese bei seiner Rede auf dem Gipfel aufgreifen würde. Er
unterstreicht zum Beispiel die Bedeutung des Rechts auf Nahrung und – auch sehr wichtig
– die Notwendigkeit, auch die lokalen Gemeinschaften in die Entscheidungen über die
Landwirtschaftspolitik mit einzubeziehen. Das sind allein zwei Punkte, die wichtig
wären und die sicher auch Einfluss haben können auf die anwesenden Regierungschefs
und Minister.“