Die katholische Kirche
in Estland erfreut sich steigender Beliebtheit. Das berichtet der Salzburger Ökumene-Experte
Josef Außermair im Gespräch mit „Kathpress“. Außermair ist unlängst von einer Gastprofessur
an der bekannten estnischen Universität von Tartu/Dorpat zurückgekehrt, die als wichtigste
Universität im baltischen Raum gilt. Die evangelisch-lutherische Kirche ist mit einem
Anteil von 15 Prozent – knapp gefolgt von der orthodoxen Kirche – die größte christliche
Konfession in Estland. Der Großteil der Bevölkerung sei aber immer noch konfessionslos,
so der Ökumene-Experte.
„Das Land ist heute durch die Sowjetunion und
die Politik – vergleichbar mit der Tschechischen Republik oder den ostdeutschen Gebieten
– in ausgesprochen hohem Maße säkularisiert. Die Religion und die Konfessionen im
Allgemeinen spielen in dem Sinne eine geringe Rolle. Die katholische Kirche ist hier
so klein, dass es bei einer Bevölkerung von 1,3 Millionen vielleicht 5.000 Katholiken
gibt, die damit relativ unbedeutend sind. Die kleinen Gemeinden ziehen aber sehr viele
Intellektuelle an und sind durchaus im Wachsen begriffen.“
Der Auftrieb
der sieben kleinen Pfarreien in Estland verdanke sich nicht der Sehnsucht nach Identität
und Sicherheit, wie es in Russland nach dem Ende der Sowjetunion der Fall war, präzisiert
Außermair. Grund sei vielmehr das „leicht elitäre Bewusstsein, anders zu sein und
sich abzuheben“. Trotz steigendem Interesse könnte die Situation der Kirchen aber
besser sein.
„Leider ist die Kirche sehr durch verschiedene geistliche
Bewegungen zerspalten - und die Kommunikation ist damit nicht gerade optimal.“
Weit
verbreitet sei etwa der „Neokatechumenale Weg“, ebenso das „Opus Dei“, so Außermair.
Eine katholische „Mitte“ sei hingegen „kaum festzustellen“. Positives Beispiel für
den ökumenischen Dialog sei die Theologische Fakultät der Universität Tartu, an der
die katholische Lehre mit Neugier aufgenommen werde.
„Es gibt dort aufgrund
der Kleinheit des Katholischen ein großes Interesse, das kennen zu lernen. Das war
auch der Grund für die Fakultät, eine Gastprofessur einzurichten, um das katholische
Denken besser zu verstehen. Das Interesse von Seiten der Studenten war groß, und ich
habe auch von Seiten des Dekans und des Lehrkörpers eine sehr gute Aufnahme erlebt.“
Zwischen der Theologischen Fakultät von Tartu und der Katholisch-Theologischen
Fakultät von Salzburg besteht seit Jahren freundschaftlicher Kontakt. Auf seiner Reise
nach Estland konnte Außermair nun weitere studentische Austauschprogramme und eine
Intensivierung des wissenschaftlichen Austauschs in Gang bringen.