Vatikan-Dokument zu Anglikanern: Der volle Text auf deutsch
Die Internet-Nachrichtenagentur kath.net hat eine eigene Übersetzung der Apostolischen
Konstitution des Papstes angefertigt. Wir dokumentieren diese Übersetzung hier im
vollen Wortlaut; Quelle ist kath.net.
APOSTOLISCHE KONSTITUTION ANGLICANORUM
COETIBUS
„In letzter Zeit hat der Heilige Geist anglikanische Gruppen gedrängt,
mehrfach und inständig zu bitten, in die volle katholische Gemeinschaft aufgenommen
zu werden, auch als ganze Gemeinschaften, und dieser Heilige Stuhl hat ihr Ansuchen
wohlwollend angenommen. Der Nachfolger des heiligen Petrus, der vom Herrn Jesus den
Auftrag hat, die Einheit unter den Bischöfen zu garantieren und der universalen Gemeinschaft
aller Kirchen vorzustehen sowie diese zu beschützen, kann tatsächlich nicht anders
als die Maßnahmen vorzubereiten, damit ein solcher heiliger Wunsch verwirklicht werden
könne.
Die Kirche - geeintes Volk in der Einheit des Vaters, des Sohnes und
des Heiligen Geistes - ist in der Tat von unserem Herrn Jesus Christus gegründet worden
als „das Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit
Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit.“ (II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische
Konstitution Lumen gentium, Nr. 1) Jede Spaltung unter den in Jesus Christus Getauften
ist eine Verletzung gegenüber dem, was die Kirche ist und wofür die Kirche existiert;
ein solche „widerspricht nicht nur ganz offenbar dem Willen Christi, sie ist auch
ein Ärgernis für die Welt und ein Schaden für die heilige Sache der Verkündigung des
Evangeliums vor allen Geschöpfen.“ (II. Vatikanisches Konzil, Dekret Unitatis Redintegratio,
Nr. 1) Eben deshalb hat der Herr Jesus, bevor er sein Blut für die Erlösung der Welt
vergoß, zum Vater für die Einheit seiner Jünger gebetet.
Es ist der Heilige
Geist, Prinzip der Einheit, der die Kirche als Gemeinschaft konstituiert. Er ist das
Prinzip der Einheit der Gläubigen in der Lehre der Apostel, beim Brotbrechen und beim
Gebet. Nichts desto trotz ist die Kirche, in Analogie zum Geheimnis des fleischgewordenen
Wortes, nicht nur eine unsichtbare geistliche Gemeinschaft, sondern auch eine sichtbare,
denn „die mit hierarchischen Organen ausgestattete Gesellschaft und der geheimnisvolle
Leib Christi, die sichtbare Versammlung und die geistliche Gemeinschaft, die irdische
Kirche und die mit himmlischen Gaben beschenkte Kirche sind nicht als zwei verschiedene
Größen zu betrachten, sondern bilden eine einzige komplexe Wirklichkeit, die aus menschlichem
und göttlichem Element zusammenwächst.“ (Lumen gentium, Nr. 8) Die Gemeinschaft der
Getauften in der Lehre der Apostel und beim eucharistischen Brotbrechen zeigt sich
sichtbar in den Bändern des Bekenntnisses der Ganzheit des Glaubens, der Feier aller
von Christus eingesetzten Sakramente und der Leitung des Bischofskollegiums, vereint
mit ihrem eigenen Haupte, dem römischen Papst.
Die einzige Kirche Christi,
die wir im Glaubensbekenntnis als die eine, heilige, katholische und apostolische
bekennen, „ist verwirklicht in der Katholischen Kirche, die vom Nachfolger Petri und
von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird. Das schließt nicht aus, daß
außerhalb ihres Gefüges vielfältige Elemente der Heiligung und der Wahrheit zu finden
sind, die als der Kirche Christi eigene Gaben auf die katholische Einheit hindrängen.“
(Lumen gentium, Nr. 8)
Im Lichte dieser ekklesiologischen Prinzipien wird mit
dieser Apostolischen Konstitution eine allgemeine Gesetzgebung vorgesehen, welche
die Errichtung und das Leben von Personalordinariaten für jene anglikanischen Gläubigen
regelt, die wünschen, als ganze Gemeinschaft (korporativ) in die volle Kommunion mit
der Katholischen Kirche einzutreten. Diese Gesetzgebung wird von ergänzenden Normen
versehen, die vom Apostolischen Stuhl erlassen sind.
I. § 1. Die Personalordinariate
für Anglikaner, die in die volle Gemeinschaft mit der Katholischen Kirche eintreten,
werden von der Kongregation für die Glaubenslehre innerhalb der territorialen Grenzen
einer bestimmten Bischofskonferenz errichtet, nachdem die Bischofskonferenz selbst
konsultiert worden ist.
§ 2. Im Gebiet einer Bischofskonferenz können je nach
Bedarf ein oder mehrere Personalordinariate errichtet werden.
§ 3. Jedes Ordinariat
erfreut sich von Rechts wegen (ipso iure) öffentlicher Rechtspersönlichkeit; es ist
juridisch einer Diözese glechgestellt.
§ 4. Das Ordinariat wird gebildet aus
Laienchristen, Klerikern und Mitgliedern von Instituten geweihten Lebens oder von
Gesellschaften apostolischen Lebens, die ursprünglich zur anglikanischen Gemeinschaft
gehörten und jetzt in voller Gemeinschaft mit der Katholischen Kirche stehen, oder
aber welche die Sakramente der Initiation innerhalb der Jurisdiktion des Ordinariates
selbst empfangen.
§ 5. Der Katechismus der Katholischen Kirche ist der authentische
Ausdruck des katholischen Glaubens, der von den Gliedern des Ordinariates bekannt
wird.
II. Das Personalordinariat untersteht den Normen des universalen Rechtes
und der vorliegenden Apostolischen Konstitution, und es ist der Kongregation für die
Glaubenslehre und den anderen Dikasterien der Römischen Kurie gemäß deren Kompetenzen
unterstellt. Für das Personalordinariat gelten auch die oben genannten ergänzenden
Normen sowie etwaige andere Spezialnormen, die für jedes Ordinariat erlassen werden.
III.
Ohne die liturgischen Zelebrationen gemäß dem Römischen Ritus auszuschließen, hat
das Ordinariat die Befugnis zur Zelebration der Eucharistie, der anderen Sakramente,
der Stundenliturgie und der anderen liturgischen Handlungen gemäß den eigenen liturgischen
Büchern aus der anglikanischen Tradition, welche vom Heiligen Stuhl approbiert wurden,
sodaß die geistlichen, liturgischen und pastoralen Traditionen der anglikanischen
Gemeinschaft lebendig erhalten bleiben, als wertvolles Geschenk, um den Glauben seiner
Glieder zu nähren und deren Reichtum zu teilen.
IV. Ein Personalordinariat
wird der pastoralen Sorge eines vom römischen Papst ernannten Ordinarius anvertraut.
V.
Die Vollmacht (potestas) des Ordinarius ist:
a. eine ordentliche (ordinaria):
durch das Recht selbst gegeben kraft des ihm vom römischen Papst übertragenen Amtes,
für das Forum internum und für das Forum externum;
b. eine stellvertretende
(vicaria): ausgeübt im Namen des römischen Papstes;
c. eine personale: ausgeübt
gegenüber allen, die zum Ordinariat gehören.
Sie wird kumulativ mit jener des
lokalen Diözesanbischofs ausgeübt in den von den ergänzenden Normen vorgesehenen Fällen.
VI.
§ 1. Diejenigen, die als anglikanische Diakone, Priester oder Bischöfe fungiert haben
und die vom kanonischen Recht festgesetzten Anforderungen erfüllen sowie nicht durch
Irregularitäten oder andere Hindernisse beeinträchtigt sind, können vom Ordinarius
als Kandidaten für die Heiligen Weihen in der Katholischen Kirche angenommen werden.
Im Falle verheirateter Amtsträger müssen die in der Enzyklika von Papst Paul VI.,
Sacerdotalis coelibatus, Nr. 42, und die in der Erklärung "In June" festgelegten Normen
befolgt werden. Unverheiratete Amtsträger müssen sich der Norm des klerikalen Zölibates
des CIC can. 277, §1, unterstellen.
§ 2. Der Ordinarius wird in voller Beachtung
der Disziplin des zölibatären Klerus in der lateinischen Kirche pro regula nur zölibatäre
Männer zur Priesterweihe zulassen. Er kann den Papst auch um die Zulassung verheirateter
Männer zur Priesterweihe bitten, als Ausnahme zum can. 277, §1 und auf Basis einer
Fall-zu-Fall-Entscheidung, gemäß den vom Heiligen Stuhl approbierten objektiven Kriterien.
§
3. Die Inkardination der Kleriker wird nach den Normen des kanonischen Rechtes geregelt.
§
4. Die in einem Ordinariat inkardinierten Priester, die sein Presbyterum bilden, sollen
auch ein Band der Einheit mit dem Presbyterium der Diözese kultivieren, in deren Territorium
sie ihren Dienst verrichten; sie werden gemeinsame pastorale und karitative Initiativen
und Aktivitäten fördern müssen, die Objekt abgeschlossener Vereinbarungen zwischen
dem Personalordinarius und dem lokalen Diözesanbischof sein können.
§ 5. Die
Kandidaten für die Heiligen Weihen in einem Ordinariat werden zusammen mit den anderen
Seminaristen ausgebildet, besonders in den Bereichen der Lehre und der Seelsorge.
Um den besonderen Bedürfnissen der Seminaristen des Ordinariates und ihrer Ausbildung
im anglikanischen Erbe Rechnung zu tragen, kann der Ordinarius Programme festlegen,
die vom Seminar durchzuführen sind, oder er kann auch Ausbildungshäuser errichten,
die mit schon existierenden Fakultäten katholischer Theologie verbunden werden.
VII.
Der Ordinarius kann mit Approbation des Heiligen Stuhles neue Institute geweihten
Lebens und Gesellschaften apostolischen Lebens errichten und deren Mitglieder zu den
Heiligen Weihen führen, gemäß den Normen des kanonischen Rechtes. Institute des geweihten
Lebens, die aus dem Anglikanismus kommen und jetzt in voller Gemeinschaft mit der
Katholischen Kirche sind, können im Falle gegenseitiger Übereinstimmung der Jurisdiktion
des Ordinarius unterstellt werden.
VIII. § 1. Der Ordinarius kann gemäß dem
Recht Personalpfarreien zur Seelsorge für die zu seinem Ordinariat gehörenden Gläubigen
unter Zustimmung des Heiligen Stuhles errichten, nachdem er die Meinung des Diözesanbischofs
des Ortes gehört hat.
§ 2. Die Pfarrer des Ordinariates erfreuen sich aller
Rechte und sind an alle Pflichten gebunden, die im Codex des Kanonischen Rechtes vorgesehen
sind und die in den von den ergänzenden Normen bestimmten Fällen in gegenseitiger
pastoraler Hilfe mit den Pfarrern der Diözese ausgeübt werden, in deren Territorium
sich die Personalpfarrei des Ordinariates befindet.
IX. Sowohl die Laienchristen
als auch die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften apostolischen Lebens,
die aus dem Anglikanismus kommen und wünschen, am Personalordinariat teilzuhaben,
müssen diesen Willen schriftlich darlegen.
X. § 1. Der Ordinarius wird in seiner
Regierung von einem Verwaltungsrat unterstützt, der durch Statuten geregelt wird,
die vom Ordinarius approbiert und vom Heiligen Stuhl bestätigt werden.
§ 2.
Der Verwaltungsrat, dem der Ordinarius vorsteht, ist aus mindestens sechs Priestern
zusammengesetzt und übt die vom Codex des Kanonischen Rechtes festgelegten Funktionen
des Priesterrates und des Konsultorenkollegiums sowie jene durch die ergänzenden Normen
erlassenen Funktionen aus.
§ 3. Der Ordinarius muß einen Vermögensverwaltungsrat
bestimmen gemäß der Normen des Codex des Kanonischen Rechtes und mit den Aufgaben,
die von diesem festgelegt sind.
§ 4. Um die Anhörung der Gläubigen im Ordinariat
zu fördern, muß ein Pastoralrat errichtet werden.
XI. Alle fünf Jahre muß sich
der Ordinarius nach Rom begeben zum Besuch ad limina Apostolorum, und er muß dem römischen
Papst mittels der Kongregation für die Glaubenslehre, auch unter Einbeziehung der
Kongregation für die Bischöfe und der Kongregation für die Evangelisierung der Völker,
einen Bericht über die Situation des Ordinariates vorlegen.
XII. Für die rechtlichen
Fälle ist das zuständige Gericht jenes der Diözese, in der eine der Parteien ihren
Wohnsitz hat, außer das Ordinariat hätte sein eigenes Gericht konstituiert, wobei
in diesem Fall das Berufungsgericht jenes sein wird, welches vom Ordinarius bestimmt
und vom Heiligen Stuhl approbiert ist..
XIII. Das Dekret, mit welchem ein Ordinariat
errichtet werden wird, wird den Ort des Ordinariatssitzes bestimmen und - wenn dies
für opportun gehalten wird – ebenso festlegen, welche seine Hauptkirche sein werde.
Wir
wollen, daß diese unsere Verfügungen und Normen gültig und wirksam seien, jetzt und
in der Zukunft – und falls nötig, trotz der Apostolischen Konstitutionen und Verfügungen,
die von unseren Vorgängern herausgegeben wurden, und trotz jeder anderen Vorschrift,
die auch besonderer Erwähnung oder der Derogation würdig ist.
Gegeben zu Rom,
bei Sankt Peter, am 4. November 2009, Gedenktag des heiligen Karl Borromäus.