Christenverfolgung im Iran: Das neue Apostasiegesetz
Die Lage der Christen und anderer Minderheiten im Gottesstaat Iran ist dramatisch.
Vor allem ein neues Gesetz gegen Apostasie bedroht sie. Markus Rode ist Leiter des
überkonfessionellen Hilfswerkes „Open Doors“, das sich weltweit für verfolgte Christen
einsetzt. Er sagt:
„Die Situation der Christen im Land ist seit Ahmadinedschad
sehr schlecht - und ist sogar noch schlechter geworden seit der Wahl. Christen werden
im Iran nach wie vor verfolgt, und zwar besonders diejenigen, die vom Islam zum Christentum
konvertiert sind.“
Nach Schätzung des Hilfswerkes gibt es von solchen „Konvertiten“
im Iran zur Zeit etwa 100.000. Diesen Gläubigen droht vielleicht schon bald der Tod,
denn die Führer des Gottesstaates stehen kurz davor, ein Gesetz – „Apostasiegesetz“
genannt – zu verabschieden, nach dem ein Glaubensübertritt mit Hinrichtung bestraft
wird. Rode:
„Apostasie heißt ja „Abfall vom Glauben“; also wenn jemand
zum Beispiel vom Islam zum Christentum konvertiert. Darauf steht nach der Scharia
die Todesstrafe. Das iranische Parlament hat im September 2008 mit großer Mehrheit
ein Gesetz gebilligt, nach dem ein vom Glauben Abfallener zum Tode verurteilt werden
kann. Einzig und allein die Zustimmung vom Wächterrat ist noch notwendig, um dieses
Gesetz dann zum Vollzug zu bringen.“
Wegen der Unruhen während der Präsidentschaftswahlen
sei die Entscheidung zurückgestellt worden, so Rode. Dem „Hardliner“ Mahmud Ahmadinedschad
sei aber alles zuzutrauen, glaubt der Menschenrechtsaktivist mit Blick auf Berichte
verfolgter Christen.
„Das ist nicht nur eine Drohgebärde. Wir sehen ja
ganz aktiv, dass gerade in den letzten Monaten eine harte Verfolgung von Christen
durchgeführt wird. Es werden Hausgemeinden von Polizisten gestürmt, man kann von einer
regelrechten Verhaftungswelle gegen Christen sprechen. Und ich kann mir gut vorstellen,
dass, wenn der Gesetzesentwurf vom Wächterrat genehmigt wird, Ahmadinedschad ernst
macht und die Christen umbringt.“
Religions- und Gewissensfreiheit sind
die Quelle aller anderen Rechte, sagte der Papst vor einigen Tagen gegenüber dem neuen
iranischen Botschafter. Für ein Land, in dem die Scharia „oberstes und göttliches
Gesetz“ ist, ist dieser Freiheitsbegriff aber sehr relativ. Rode:
„Wenn
man heute vor einem deutschen Gericht als Iraner steht, der abgeschoben werden soll,
dann wird oft von den Richtern gesagt: Naja, es gibt ja die Religions- und Gewissensfreiheit,
die in der iranischen Verfassung verankert ist. Was man aber oft leider nicht weiß:
Diese Freiheit gibt es im Iran nur unter dem „Deckel“ der Scharia. Insofern gibt es
keine wirkliche Religionsfreiheit. Es gibt nur die „Freiheit, zum Islam zu kommen,“
der einzigen wirklichen Staatsreligion im Iran.“
Freiheit in den engen
Schranken eines radikal interpretierten Islams also. Das war nicht immer so, denn
die heutige Mullah-Diktatur war einst eines der modernsten und liberalsten Länder
der Welt. Wäre es also die Erinnerung an verlorene Rechte, die die Iraner auf die
Barrikaden treibt? Erste Anzeichen dafür habe es schon gegeben. Rode:
„Die
Zukunft des Irans hängt letztlich von der Frage ab, wie die Menschen, die ja schon
damals unter dem Schah Freiheit erlebt haben, diese Freiheit zurückhaben möchten.
Wir haben das ja bei den Wahlen gesehen, dass es da regelrechte Umsturzmöglichkeiten
gegeben hat. Dass große Teile der Bevölkerung nicht hinter Ahmadinedschad stehen!
Es wird davon abhängen, ob die Menschen sich tatsächlich von diesem radikal-islamischen
Regime befreien werden... oder ob dieses Regime noch mehr seine Machtposition verfestigen
kann.“