Den Einigungsprozess
der Kirche in Ost- und Westdeutschland haben die katholischen deutschen Bischöfe insgesamt
positiv bewertet. Die Kirche habe sich mit dem Zusammenwachsen nach dem Fall der Mauer
leichter getan als Wirtschaft und Politik, erklärten im Rahmen verschiedener Gedenkfeiern
übereinstimmend der Mainzer Kardinal Karl Lehmann und der Erfurter Bischof Joachim
Wanke. Die Deutsche Bischofskonferenz hatte nach 1990 die Diözesanstrukturen teilweise
neu geordnet. Es sei richtig gewesen, die zahlenmäßig kleinen Bistümer Erfurt, Magdeburg,
Dresden und Görlitz zu eigenständigen Diözesen zu erheben, so die Bischöfe im Rückblick.
Sie hätten in den 40 Jahren DDR eine eigene Identität und eigene Strukturen entwickelt.
Ideologische
Front In der DDR habe die katholische Kirche in einer Nische überlebt,
sagt der Erfurter Bischof 20 Jahre nach dem Mauerfall. Das Wort Gottes in einer liberalen,
freiheitlichen Gesellschaft an die Öffentlichkeit zu bringen, sei jetzt „die eigentliche
geistige Herausforderung“. Wanke: „Wir haben früher an der ideologischen Front
gekämpft – mit einigem Erfolg. Der Vorwurf lautete: Wer an Gott glaubt, oder sich
gar kirchlich ausrichtet, ist krank im Denken. Dagegen kann man argumentativ einiges
machen, und das haben wir getan. Jetzt lautet der stille Vorwurf: Wer sich religiös
bindet, der wird fundamentalistisch, der engt sein Leben ein, doch wir brauchen die
Freiheit, die nur ohne Gott zu verwirklichen ist. Jetzt stehen wir vor dieser Herausforderung
geistiger Art. Das müssen wir gemeinsam in der Kirche in Deutschland, in Mitteleuropa,
in unserem Kulturkreis bewältigen.“ Aus der Defensive kommen Die
Kirche müsse aus der Defensive kommen, bekräftigt der Berliner Kardinal Georg Sterzinsky: „Ich
glaube, das lernen unsere Gemeinden nur sehr mühsam, Ost- wie West, aber sie lernen
es. Das ist der karitative Einsatz, der Einsatz für die Welt, für das Kulturelle,
für die politischen Kräfte, für die Verantwortungsträger, für die Wissenschaftler.
Wir müssen für die Entscheidungsträger Dialogpartner sein. Wir müssen auf uns aufmerksam
machen. Und das tun wir eigentlich nach Kräften.“
Keine
Massen Die Bischöfe aus den neuen – fast 20 Jahre alten – Bundesländern
verzeichnen eine gestiegene Zahl der Erwachsenentaufen. Jeder fünfte Taufbewerber
sei ein Erwachsener, berichtet der Magdeburger Bischof Gerhard Feige. Das sei ein
Phänomen, das es vor dem Fall der Mauer nicht gegeben habe. „Es hat in den ersten
Jahren eher so eine Austrittswelle gegeben. Aber das hing damit zusammen, dass manche
gar nicht wussten, dass sie Mitglied einer Kirche waren. Heute haben wir zwanzig Prozent
Erwachsenentaufen. Das sind keine Massen, aber das sind persönliche Entscheidungen
und das bewegt sehr.“ (rv/pm 09.11.2009 bp)