2009-11-07 09:54:00

Heiliges Land: „Religion ist Teil des Problems"


RealAudioMP3 Im Nahostkonflikt sind die Religionen durchaus „Teil des Problems“ – und zwar, weil sie von allen Seiten instrumentalisiert werden. Das glaubt der aus Belgien stammende und in Jerusalem lebende Leiter der dortigen Kommission „Justitia et Pax", Pater Frans Bouwen. Die hohen Erwartungen, die mit dem Besuch Papst Benedikts im Heiligen Land im Mai dieses Jahres verbunden waren, seien zumindest im Blick auf die politische Wirkung enttäuscht worden, so der jetzt bei einem Kongress in Wien, der von der Stiftung „Pro Oriente“ ausgerichtet wurde. Zwar habe der Papst mit seinen Ansprachen und seinen symbolischen Gesten wie dem Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem oder eines palästinensischen Flüchtlingslagers bleibende Eindrücke bei den Menschen hinterlassen. Verbesserungen und Erleichterungen im alltäglichen Leben der Christen habe es seither aber keine gegeben, so Bouwen. Offen sei etwa weiterhin das Visa-Problem für den externen Klerus. Auch das offizielle Verhältnis zwischen dem Heiligen Stuhl und Israel habe sich nicht weiter verbessert. „Die Botschaft des Papstes an uns Christen ist deutlich: Wir sollen an den Heiligen Stätten des Glaubens Präsenz zeigen und Zeugnis unseres Glaubens geben. Aber im alltäglichen Leben steht diese Botschaft gegenüber den aktuellen Probleme eher zurück“, so Bouwen.
Zum weiter schwelenden Israel-Palästina-Konflikt sagte Bouwen, dieser sei „fundamental ein politischer Konflikt". Es sei gerade für die Kirchen immer wieder wichtig zu unterstreichen, dass Religion derzeit zwar „Teil des Problems“ ist, dies aber vor allem aufgrund der Tatsache, dass sie "benutzt und missbraucht wird - und zwar von allen Seiten“. Wo Religion als Kern des Konflikts gesehen werde, dort werde zugleich eine politische Lösung verunmöglicht: „Der Konflikt muss von der Religion getrennt werden; erst dann kann Religion zum Teil der Lösung werden“.
Laut Bouwen beläuft sich die Zahl der derzeit im Heiligen Land lebenden Christen auf rund 200.000. Etwa die Hälfte davon seien Katholiken bzw. mit Rom unierte Christen (Melkiten, Maroniten). Insgesamt sind derzeit 13 christliche Kirchen im Heiligen Land vertreten. Das Verhältnis unter den Bischöfen und Patriarchen, das noch bis vor wenigen Jahren eher gespannt gewesen war, habe sich in den letzten Jahren deutlich verbessert, so Bouwen. Mittlerweile treffen sich die kirchlichen Spitzenvertreter monatlich und veröffentlichen zu Weihnachten und Ostern gemeinsame Botschaften.
Der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, hatte die Tagung mit dem Appell eröffnet, den Reichtum des altsyrischen Christentums auch im Westen neu zu entdecken. Der Nahe Osten stelle die „ursprüngliche Heimat des biblischen Glaubens" dar, betonte Schönborn. Die große und bewegte Geschichte des syrischen Christentums drohe aber im Westen in Vergessenheit zu geraten. Kritik übte der Kardinal erneut an der österreichischen Bundesregierung, die weiterhin keine Bereitschaft zeige, christliche Flüchtlinge aus dem Irak aufzunehmen. Hier werde die katholische Kirche weiter Druck ausüben, da gerade die christlichen Flüchtlinge eine besondere Integrationswilligkeit und –fähigkeit mitbringen und sich leicht in die österreichische Gesellschaft einfügen würden, so Schönborn.
(kap 07.11.2009 sk)







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