20 Jahre Mauerfall: „Kirchen wurden zu Hoffnungsträgern“
Die Wiedervereinigung
Deutschlands ist in den Augen des Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof
Robert Zollitsch, ein großes, unverhofftes Geschenk. Man könne durchaus auch von
einem Wunder sprechen, aber eines dürfe niemand vergessen: „Gorbatschow selbst schrieb
ja in seinen Memoiren, ohne Johannes Paul II. hätte es diese Entwicklung nicht gegeben.“
Die
Kirchen waren in der ehemaligen DDR ein Hort für die Gebetsgruppen – Zollitsch betont
hier die Rolle der evangelischen Kirche – und boten Schutz. Nach der Wende engagierten
sich zunächst vor allem Katholiken in der Gesellschaft, die aufgrund der Diaspora-Situation
noch stärker auf Distanz zu den politischen Strukturen der DDR gehen konnten. „Es
war sicher in dem Sinn keine christliche Revolution“, merkt der Freiburger Erzbischof
an. „Aber die Kirchen wurden zu den Hoffnungsträgern und sie haben diese Aufgabe damals
in einer guten Weise erfüllt. Dafür sollten wir als vereinigtes Deutschland auch gemeinsam
dankbar sein.“ Der Beitrag der Kirchen und die Bedingungen in der DDR seien schnell
vergessen worden, so Zollitsch. Daraus erwachsen neue Aufgaben, gerade 20 Jahre nach
dem Mauerfall: „Gerade im Blick auf den Fall der Mauer staune ich, wie vergesslich
Menschen sind, dass viele in den neuen Bundesländern gar nicht mehr wahr haben wollen,
oder gar nicht mehr wissen, in welcher Diktatur sie lebten. Das ist schnell vergessen
worden. Es ist auch weitgehend vergessen worden, dass die Kirchen – weil sie die einzigen
Freiräume in diesem System hatten – entscheidend zum Aufbruch und zum Mauerfall beigetragen
haben. Wir werden dieses Jahr die Gelegenheit haben, bewusst daran und an die tragenden
Kräfte dahinter zu erinnern: nämlich der Gedanke der Freiheit, der Gedanke auch der
Religionsfreiheit, und der Gedanke der Menschenwürde eines jeden Einzelnen. Diese
Werte neu in unsere Gesellschaft einzubringen, ist sicher eine der Aufgaben dieses
Gedenkjahres.“ (rv 22.10.2009 bp)