Generalaudienz: „Theologische Konflikte sind möglich“
Jede Theologie will
die Liebe zu Gott entfachen. Das war die Botschaft, die Papst Benedikt XVI. bei der
Generalaudienz an diesem Mittwoch den versammelten Pilgern mitgab. Das könne im Einzelfall
auch Konflikt bedeuten, wenn einzelne Theologen verschiedene Ansätze verfolgten und
in Streit miteinander gerieten. Der Papst nannte als Beispiel die Auseinandersetzung
zwischen dem heiligen Bernard de Clairvaux und Pierre Abélard, die im 12. Jahrhundert
ein intellektueller Skandal war. Beiden sei es um das Verständnis der Geheimnisse
der Offenbarung Gottes gegangen, so Benedikt: „Für Bernard besitzt der Glaube
eine innere Gewissheit, die sich auf das Zeugnis der Heiligen Schrift und der Kirchenväter
und auf das Lehramt stützt. Das Nachdenken über die Glaubenswahrheiten steht im Dienst
der Gotteserfahrung und will eine größere Liebe zu Gott entfachen.“ Abélard
hingegen, ein geborener Denker und brillanter Redner, untersuchte die theologischen
Fragestellungen mit scharfem Verstand und der aus dem Studium der Philosophie gewonnenen
Denkweise. „In intellektualistischem Überschwang geriet er aber auch auf Abwege,
denn er achtete zu wenig auf das gebotene Verhältnis zwischen der im Glauben angenommenen
göttlichen Offenbarung und den philosophisch-rationalen Instrumenten, mit denen wir
das Geheimnis Gottes in einem gewissen Maß erschließen können. Nach jahrelanger und
in voller Schärfe geführter Debatte zwischen den beiden Theologen sah Abélard
demütig seine Fehler ein, und Bernhard zeigte große Güte, so dass es zu einer Versöhnung
in der Gemeinschaft der Kirche kommen konnte. Beiden lagen die Bewahrung des Glaubens
und der Sieg der Wahrheit in der Liebe am Herzen, was die Grundhaltung in einer jeden
theologischen Diskussion sein sollte.“ (rv 04.11.2009 ord)