2009-11-01 18:17:31

Wochenkommentar: Regierung braucht „Ideen für das Leben“


RealAudioMP3 Der katholische Publizist Martin Lohmann schreibt der neuen Bundesregierung den Lebensschutz ins Stammbuch. Das „unverbrüchliche und klare Recht auf Leben“ dürfe „keinem vermeintlichen Recht auf Tötung untergeordnet“ werden, sagt der Vorsitzender des Bundesverbandes Lebensrecht in seinem Wochenkommentar für Radio Vatikan:

Liebe Hörerinnen und Hörer,

seit wenigen Tagen arbeitet sie, die neue Bundesregierung in Deutschland. Und viele von uns schauen gespannt auf das, was sie jetzt tun wollen. Von Steuererleichterungen ist die Rede, im Koalitionsvertrag steht vieles, was – seien wir ehrlich – in der Wirklichkeit wohl kaum eine Chance auf Realisierung hat.

Mehrfach bin ich in den vergangenen Tagen gefragt worden, was denn aus der Sicht des Lebensschutzes zu erwarten sei. Oder auch: was zu befürchten ist in den kommenden vier Jahren. Ehrlich gesagt: Wir glauben schon, dass die Fragen des Lebensschutzes und des Lebensrechtes in den kommenden vier Jahren eine wichtige und auch immer wieder zentrale Rolle spielen müssen - und sollten. Es gehört ja nicht viel Fantasie dazu sich vorzustellen, dass gerade in der FDP manche eine andere Vorstellung von Freiheit haben als viele Christen. Embryonale Stammzellforschung, das sogenannte „Recht“ auf Abtreibung – das sind nur einige Stichworte, die zu nennen sind. Hier wird es sehr darauf ankommen, genau aufzupassen, dass das unverbrüchliche und klare Recht auf Leben keinem vermeintlichen Recht auf Tötung untergeordnet wird.

Ja, die Befürchtungen sind da. Und vielleicht sind sie auch berechtigt. Das aber wäre im Ergebnis tragisch. Vor allem dann, wenn solche Forderungen auf Durchlöcherung des klaren Lebensrechtes und der Unantastbarkeit des Lebensrechtes mit dem Mäntelchen der sogenannten Freiheit getarnt würden. Denn die Liberalen haben es mit der Freiheit zu tun. Und das aus dem Lateinischen stammende Wort „liber“, aus dem sich der Begriff die „Liberalen“ speist, verweist auf eine Bindung der Freiheit an die Verantwortung. Wo diese Verbindung mit Verantwortung nicht gesehen, nicht erkannt wird oder einfach übersehen wird, haben wir es mit einem amputierten Freiheitsbegriff zu tun. Eine amputierte Freiheit aber ist letztlich eine Gefahr für das Leben und die Unantastbarkeit des Lebensrechtes, das letztlich unteilbar ist und bleiben muss. Und wenn es um das Leben von noch nicht geborenen sehr kleinen und wachsenden Menschen geht, kommt – jedenfalls für Christen und alle, die sich der Logik des Lebens nicht verweigern – gleichsam automatisch eine ganz besondere Verantwortung in den Blick, nämlich die Verantwortung gegenüber dem Schöpfer.

Wir brauchen in Deutschland wesentlich mehr Aufklärung über den Wert des Lebens und seine Kostbarkeit. Was wir heute sonst noch brauchen? Was ich gerne den regierenden Parteien ins Vierjahresprogramm schreiben würde? Vor allem: Ideenreichtum für mehr Bewusstsein für das Leben! Endlich echte Hilfen für Familien! Aufklären über die Schwangerschaft aus der Sicht des Kindes! Ein Anspruch auf Kindergeld für noch nicht geborene Kinder! Auszahlbar rückwirkend nach der Geburt. Das würde garantiert mehr Bewusstsein für das Leben schaffen! Wetten dass? Arbeitsrechtlicher Mutterschutz vom ersten Tag des Mutterseins, das ja mit der Empfängnis beginnt! Kinderbeauftragte mit Vetorecht in jedem Ministerium! Eine Lebensrechtbeauftragte oder einen Lebensrechtbeauftragten mit Sitz und Stimme in entscheidenden Gremien! Bewusstmachen und Stärken der Verantwortung von Müttern und Vätern bereits vor der Geburt! Eine wirksame Kampagne mit dem Motto „Sag Ja zum Leben!“ Gerade vom C-Teil der Bundesregierung wünsche ich mir, dass dieses Ja zum Leben deutlich hör- und sichtbarer wird. Und von denen, die noch wissen, was Freiheit wirklich bedeutet, ebenso.

Sie meinen, ich träume jetzt? Mag sein. Doch ohne Träume wäre das Leben leer. Irgendwo habe ich mal gelesen, man solle seine Träume leben. Und Ideen sind dazu da, erst einmal genannt zu werden, damit sie – hoffentlich – für gut befunden werden. Vor Ideen braucht man keine Angst zu haben, vor guten Ideen sowieso nicht. Gibt es irgendjemanden, der uns diesen Mut zur Idee, diese Bereitschaft zum neuen Denken verbieten wollte? Also: Ideen für das Leben sind gefragt. Das Leben ist schließlich ein kostbares Geschenk, aus dem man viel machen kann. Noch einmal: Wir wünschen der Regierung für die kommenden vier Jahre den Mut zu guten und möglichst realistischen Träumen für das Leben!

Martin Lohmann (52) ist katholischer Publizist, Buchautor und Vorsitzender des Bundesverbandes Lebensrecht (BVL), der Dachorganisation christlicher Lebensrechtsverbände und -gruppen in Deutschland. Sein neues Buch „Das Kreuz mit dem C. Wie christlich ist die Union?“ hat in Deutschland aktuell engagierte Debatten ausgelöst.


(rv 01.11.2009 red)








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